Otto Wilhelmy

Tagebuch 2b vom 12.9.01 bis zum 14.1.02

12 - 09 - 2001

Die Katastrophe ist über die USA gekommen. Gestern zerstörten Islamisten mit drei in ihre Gewalt gebrachten amerikanischen Passagierflugzeugen die beiden Türme des World Trade Centers in New Jork und Teile des Pentagons in Washington. Es war ein Stoß ins Herz der USA. Je nachdem wie diese darauf reagieren, ist das der Anfang einer Neubesinnung der USA auf ihre Rolle in der Welt oder, was wahrscheinlicher ist, erst der Anfang der Katastrophe.
Jedenfalls ist der gestrige Tag ein tiefer Einschnitt in die Geschichte der europäischen Dominanz, einschließlich Russlands, auf dieser Erde. Das Aufbegehren des Islams in seinem biblisch-fundamentalistischen Selbstverständnis wendet sich gegen eine Kultur, die sich von dieser Phase kirchlicher, mittelalterlicher Brutalität zu lösen versucht. Hier wird der „Herr-Gott“ mit sich selbst konfrontiert. Nimmt man ihn aus dem Gefecht, haben weder Israel noch die Palästinenser, weder der Islam noch das Christentum einen Anspruch auf Jerusalem. In Irland gäbe es keine Katholiken und keine Protestanten und auf dem Balkan keine Griechisch-Orthodoxen, keine Katholiken und keine Moslems. Sein Totalitätsanspruch, seine Allmacht, seine Allwissenheit und Allgegenwart, machen ihn zu dem Fetisch des naiven Denkens, das meint, der „Frieden auf Erden“ sei dann erreicht, wenn einer so stark sei, alle Menschen zum Frieden zwingen zu können. Die USA leben in diesem Gedanken und nehmen für sich in Anspruch diese Macht von Gott zu haben und tun alles um sie zu behalten. Die UNO ist ihr suspekt, weil sie auf der Absicht beruht, alle Völker der Erde gleichgewichtig daran zu beteiligen die Probleme der Völker der Erde friedlich zu lösen.

13 - 09 - 2001

Es ist still nach der Katastrophe. Nur die Sorgen der Versicherungen werden laut, wegen der Kosten, die jetzt auf sie zukommen, die der Allianz und der Bayrischen Rückversicherung als den größten betroffenen Versicherungen in Deutschland (? oder der Welt)? Beide haben ihren Sitz in München. Sammeln sich da riesige Rücklagen für solche gigantischen Katastrophen? In Kriegen ist - soviel ich weiß - noch nie eine Versicherung für den Schaden aufgekommen. Muss nun daraus ein Krieg entstehen, damit die Versicherungen nicht zahlen müssen? Es sieht vielmehr danach aus, dass die USA - gleich den Jüngern Jesu beim Unkraut unter dem Weizen - das Unkraut auszurotten versuchen, die uralte naive Blutrache der Warnung Jesu vorziehen, anstatt gründlich nach der Ursache zu fragen und diese Ursachen zu beseitigen. Der Wille zur Macht ist gewalttätig. Gewalt erzeugt Gegengewalt. Das hat die Geschichte uns längst zu wissen gegeben. Aber selbst die drei Konfessionen biblischen Ursprungs spielen ihr Spielchen noch immer unter dem Monotheismus im Willen zur Macht nach dem Motto: „Bist du nicht willig so brauch ich Gewalt“. Gewalt als „Zuckerbrot und Peitsche“. 

14 - 09 - 2001

Alle warten auf den Angriff der USA auf Afghanistan, wo der vermeintliche Verursacher dieses Terrors, Bin Laden, Unterschlupf gefunden hat. Nur hier und da meldet sich Besonnenheit, die zu bedenken gibt, dass diese Tat doch alle Merkmale der Verzweiflung an sich trägt. Ich muss gestehen, dass auch ich nicht davon frei bin, in dieser Katastrophe das Resultat der kapitalistischen Machtwirtschaft in der Welt zu sehen. Und zwar nicht mehr nur alleine den Judaismus, sondern auch den Katholizismus und in den USA auch die evangelischen Denominationen. Es war für mich makaber heute Mittag am Fernseher, als in der Johanneskirche in Düsseldorf ein Mitleidensgottesdienst für die Wunden der USA abgehalten wurde und Präses Kock neben Kardinal Lehmann und einem orthodoxen Kirchenfürsten in der großen Gemeinde sangen: „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir.“ Die Übermacht dieser Erde schreit aus „tiefer Not“ weil die unter dieser Übermacht verzweifelten Menschen sich und Tausende ihrer Gegner mit sich in den Tod gerissen haben?!  

15 - 09 - 2001

Mag sein, dass ich damit bei meinen Zeitgenossen kein Verständnis finden würde. Der gestrige Tag mit all seinen Kondolenzveranstaltungen hat mir das bewiesen. Dennoch erkenne ich auch in den USA den Machtanspruch des janusköpfigen Patriarchates über diese Erde, den die Religionen biblischen Ursprungs alle gemeinsam haben. Sie versprechen der Menschheit das Heil mit der Vernichtung des Teufels - von ihm war übrigens dieser Tage im Zusammenhang der Katastrophe auffallend häufig wieder die Rede -. Ausrotten! Ausrotten! Ausrotten! 

17 - 09 - 2001

Ist das der letzte Kreuzzug? Haben sich Christen und Juden in Gestalt der USA zusammengefunden um Jerusalem aus der Hand der Moslems zu befreien? Das ist des Pudels Kern und eine düstere Perspektive für die Zukunft, wenn es uns nicht gelingt, Israel dazu zu bewegen auf seinen Anspruch auf Jerusalem zu verzichten. 

18 - 09 - 2001

Heute morgen gelang es mir, eine Verbindung mit der „Humanistischen Union“ aufzunehmen, für die ich mich schon lange interessierte. (Tel.: Berlin 030-2042504)
Ich habe mich noch einmal über die Kreuzzüge informiert. Mit dem letzten, dem Kinderkreuzzug sind es sieben Versuche gewesen, Jerusalem aus der Hand der Mohammedaner zu befreien. Aber alle ohne bleibenden Erfolg.
Ich frage mich, ob die Bürger der USA allmählich ihrer Machtstellung müde werden könnten, nach all den verlustreichen und erfolglosen Einsätzen der Nachkriegszeit: das Trauma des verlorenen Vietnamkriegs, die offenen Wunden des Irak, Libyens und des Iran und nicht zuletzt ihr hoffnungsloses Bemühen um den Frieden im Nahen Osten. Kraft ihrer Sprache werden sie in Zukunft die Erde im Netz haben. Was wollen sie mehr als diesen friedlichen Sieg über die Völker der Erde. 

19 - 09 - 2001

Ich versuche, wie immer, die Konflikte in ihren Ursachen zu suchen. Sehe ich richtig, wenn ich sie im Kampf um den Besitz Jerusalems sehe? Die Palästinenser verstehen Jerusalem als ihre jahrhundertealte Hauptstadt mit der Kultstätte El Axa Moschee auf dem Tempelberg als Heiligtum. Die Israelis berufen sich darauf, dass zuvor ihr Tempel dort gestanden habe. Beide berufen sich auf eine göttliche Zusage. 

20 - 09 - 2001

Warum sind gerade diese Menschen so gefährlich für den Frieden in der Welt, die sich bei ihren Forderungen auf Gott berufen? Was macht sie so unerbittlich, dass sie unter Umständen ihr eigenes Leben einsetzen, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen? Hängt beides damit zusammen, dass sie meist auch an ein schöneres Weiterleben nach einem solchen Tode glauben? Die jungen Moslems, die an dem Anschlag auf das World Trade Center in New York beteiligt waren, waren Studenten an technischen Fakultäten. Das setzt voraus, dass wir es mit intelligenten Leuten zu tun haben, die auch ganz sicher um unser modernes Weltbild gewusst haben.
Dieses Beieinander von religiöser Unerbittlichkeit und völliger Aufgeklärtheit findet sich in den drei Religionen biblischen Ursprungs. „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ Was macht diesen Gott so stark, dass er die Völker unserer Erde derartig umfassend unterjochen konnte, so dass die meisten Völker und Kulturen zu ihm beten und ihm dienen wollen. Dieser Monotheismus müsste doch zum Frieden auf Erden führen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Wie kann aus der Anbetung ein und desselben Gottes dieser Hass entstehen, der dieser Tage in Amerika zum Einsturz der beiden höchsten Hochhäuser der Welt, des World Trade Centers, geführt hat? Ist der Gedanke: Ein Gott, ein Willen über den Menschen auf Erden = Frieden auf Erden!?
Ist der Gedanke falsch? Und was ist an ihm falsch?
Ist er nur eine naive Hypothese des Glaubens an die Macht, der Macht der Sonne abgelesen, die ja auch das ganze Leben auf der Erde bestimmt, zugleich schöpferisch und weise, aber nicht ansprechbar und beeinflussbar. Da scheint mir der Monotheismus schon eher dem Rudelinstinkt der Tiere entnommen und in Gestalt eines Leittieres, über Stammeshäuptlinge und Könige und deren Apotheose entstanden zu sein. Die Apotheose entzog die Gottheit dem menschlichen Zugriff, der Sonne gleich. 

21 - 09 - 2001

Mit der Entwicklung der Schrift war es möglich, erprobte menschliche Umgangsformen auf Dauer festzuhalten und sie mit der Gottheit als deren Willen in Verbindung zu bringen. Siehe die beiden steinernen Tafeln des Dekalogs, die Moses vom Sinai mitbringt. Auf dieser Grundlage entstand die Buchreligion des A.T. Erst nachdem die Bundeslade unter David ihren festen Platz gefunden hatte, begann die Suche nach brauchbarem mündlichem und schriftlichem Material für die Vorgeschichte, und das philosophische Bemühen Urfragen nach Herkunft und Sinn des Lebens zu beantworten. In der Bewertung des Menschen gingen schon damals die Deutungen auseinander. Primär war die „vollkommene Gottebenbildlichkeit“ des Menschen. Der Mensch war der Gott seines Lebens, wie der Sohn oder die Tochter irdischer Eltern nichts weniger waren als ihre Eltern. Sekundär war die Diffamierung des Menschen zum Geschöpf, das sein Dasein nur der Gnade eines außerirdischen Gottes verdanke. Beide Ansichten sind auch heute noch im Streit miteinander unter dem Namen „Aufklärung“ und „Fundamentalismus“. Dabei ergibt sich folgende Kontroverse: Der Islam ist der Christenheit wegen seines radikalen Fundamentalismus suspekt. Die Christenheit ist dem Islam wegen ihres toleranten Fundamentalismus suspekt. Für beide ist die aufgeklärte Menschheit suspekt. ...

22 - 09 - 01

... Die derzeitige Konfrontation der USA mit den Taliban in Afghanistan und die Jagd nach Bin Laden deckt sich nicht mit einer dieser Fronten. Eine tiefe Antipathie gegen die USA geht durch die Völker dieser Erde, deren Ursache arroganter Machtanspruch der USA ist. Er kam in der gestrigen Rede des Präsidenten deutlich zur Sprache, als er sagte: Wer in diesem Krieg gegen die Terroristen nicht mit uns ist, der ist gegen uns. Da ist wieder dies „Extra ecclesiam nulla salus“. Die Möglichkeit, weder mit den USA, noch mit den Terroristen einverstanden zu sein, weil die Ursachen, die zu dieser Gegnerschaft geführt haben, auch eigenes Fehlverhalten ans Licht bringen würde, schadete dem Pathos des Verletzten. 

24 - 09 - 01

Gestern in den Abendstunden sahen wir im Fernsehen einen der großen Trauergottesdienste in den Stadien der USA. Im größten Stadion New Yorks erlebten wir wahrscheinlich den Gottesdienst, in dem die meiste Prominenz versammelt war und darum der größte Aufwand getrieben wurde. Der Tenor des ganzen Gottesdienstes lässt sich im Bild des Liktorenbündels zusammenfassen. Einigkeit macht stark, jetzt erst recht. Der Bürgermeister von New York eröffnete ihn. Ihm folgte der Kardinal und Erzbischof von New York, dann einige jüdische Würdenträger, von denen einer die Shophaar blies. Später soll dann auch noch ein Vertreter der evangelischen Kirchen zu Wort gekommen sein, hörten wir heute, nachdem wir gestern Abend vorzeitig zu Bett gegangen waren.
Höhepunkt sollte wohl sein das „Ave Maria“ von Placido Domingo gesungen. So wurde auf der ganzen Linie deutlich, wer jetzt Herr im Hause der USA ist. Jedenfalls nicht die Aufklärung, sondern der Wille zur Macht mit dem Feindbild von Schurkenstaaten. Nichts von Hiroschima und Nagasaki. Ceterum censeo sententiam „Extra ecclesiam nulla salus!“ esse delendam. 

28 - 09 – 01

Ich war 3 Tage und 3 Nächte im Krankenhaus. Es begann mit einem schweren Schüttelfrost und heftigen Schmerzen in den Leisten. Unser Hausarzt war zur Hand und ließ mich mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus bringen. Am Ende aller Untersuchungen wurde ein Harnverhalten der Blase diagnostiziert. Jetzt trage ich einen „Zysteflott“. Das ist ein Katheter, der nicht durch die Harnröhre seinen Weg in die Blase sucht, sonder durch Bauchdecke und Blase die Stelle sucht, an der auch noch der Restharn ablaufen kann. Dieser Restharn war auch schon das Problem als mir 1988 in Wildungen die Prostata entfernt wurde. Inzwischen hat sich diese Wunde verändert und den Zugang zur Harnröhre erschwert. Das soll in der nächsten Zeit, ambulant, bei einem hiesigen Urologen geändert werden. 

30 - 09 – 2001

„Der reiche Kornbauer“ war der Predigttext des Gottesdienstes auf WDR 5. Ausgehend von den Münzen der DM- Zeit und ihren Ähren- und Früchtereliefs auf deren Rückseite, als Erinnerung daran, dass dies Geld im Grunde etwas mit unserer Ernährung zu tun hat, kam er dann zur Sache. Die Zerstörung des World Trade Centers sei zurzeit das beste Beispiel dafür, wie die „Motten und der Rost“ allen Besitz angreifen und zerstören. Das lasse uns danach fragen, wie wir uns einen „Schatz im Himmel“ erwerben könnten. Die Antwort darauf habe New York gegeben mit seinem heldenhaften Einsatz bei der Rettung der Verschütteten, Verletzten und Toten. Das war alles.
Darüber ist mir der Gedanke gekommen, dass sich nun ja fast die ganze Welt gegen den Terrorismus verschworen hat, so dass nun überall nach ihm gesucht wird. Da ist zunächst dieser Bin Laden, dann seine auffindbaren Helfer und Helfershelfer in allen Nationen. Ein Schwall von Verdächtigungen und Denunziationen wird die Erde überziehen. Wie hat der amerikanische Präsident Bush gesagt: „Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns!“ und hat sich dabei auf den patriarchalen Monotheismus berufen unter dem frenetischen Beifall der Besucher des größten Stadions von New York. Gott hier als Auftraggeber, Gott dort bei Bin Laden und seinen Leuten, den Taliban, Gott auf seiten Israels und auf seiten der Palästinenser, Gott der Freund der katholischen. Iren und ihrer evangelischen Landsleute, Gott auf dem Balkan katholisch, griechisch-orthodox und zugleich moslemisch usw.
Unter diesen Umständen muss die Frage doch erlaubt sein: Kann denn der eine biblische Gott sich selbst terrorisieren? Oder ist er selber der Terror in Person, weil überall, wo er im Spiel ist, in seinem Namen Menschen zu Heillosen gestempelt werden und Gewalt gegen sie gebrauchen zu dürfen behauptet wird und das seit zirka dreitausend Jahren. Dann müsste der amerikanische Aufmarsch ihn suchen und ihm das Handwerk legen. Dann gäbe es keinen Streit mehr um Jerusalem, nicht mehr in Irland und auf dem Balkan. Aber Frieden auf Erden gäbe es auch dann noch nicht. Weil die Diktatur der Macht des patriarchalen Monotheismus Macht über andere Menschen zu gewinnen und durch Feindbilder erforderlich zu machen durch Jahrtausende das Leben der europäischen Sozialisierung bestimmt. Kaum einer weiß, dass unser Zusammenleben in diesem ständigen Konkurrenzkampf auf allen Ebenen Terror ist und in zunehmendem Maße unser Leben zerstört. Ceterum censeo, sententiam „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

01 - 10 – 2001

Aber der gottlose Mensch wäre noch kein neuer Mensch. Es bliebe das Animalische.
Zurzeit ist Afghanistan ein aktuelles Beispiel dafür. Die USA versuchen in diesen Tagen die Taliban und ihr streng gottesstaatliches Regime, als Nest des sog. Terrors zu beseitigen. Sie stehen vor der Frage: wie sie dieses Land danach wieder zu einem geordneten Staatswesen bringen können, denn wenn auch die Taliban zur Zeit die Übermacht im Lande haben, so sind sie doch nicht die alleinigen Herren im Lande.
Andere Stämme stehen im Norden des Landes bereit das Regime in Kabul mit Gewalt abzulösen. Stammesfehden beherrschen dies Land, seitdem 1973 der König des Landes abdankte und ins Exil nach Rom ging.
Also auch der gottlose Mensch bliebe noch immer der animalische Mensch, wenn nicht mehr der Konfession verhaftet, dann der Familie, dem Klan, dem Stamm und der Nation. Das bestätigt meine Sicht der Dinge, nach der Konfessionalismus und Nationalismus Geschwister, Zwillinge sind. Der Mensch, der dann noch in der Distanz zum Tier denkbar wäre, ist ein Wesen, das etwas „Sonderliches“ zu sein vermöchte, um dieses Unbekannte mit einem Wort Jesu anzudeuten.
Sein Leben nach den vier Evangelien war - versucht man einmal alle christologischen Zutaten rigoros zu beseitigen - beherrscht von einer unerbittlichen Selbstbestimmung. Er war der Handelnde vom Anfang seines Auftretens bis zu seinem Ende, an dem er sogar ein Narkotikum verweigerte. Er schlug das Angebot sich politischer Macht zu bedienen rundweg ab. Er ging durch die Wand der Vorurteile seiner Zeit zu Zöllnern, Samaritern, Ehebrecherinnen, Aussätzigen, Blinden, Lahmen und Ausländern.
Er bestimmte sein Ende in Jerusalem und trug sein Kreuz bis zum Zusammenbruch seiner physischen Kräfte. Er zwang seine Gegner mit seinem Tode in die Ohnmacht und tut es bis heute.
Das ist es, womit die Selbstmordkommandos ihre Gegner irritieren. Darum merkt man den USA und ihren Verbündeten zur Zeit ihre Verlegenheit an nicht zu wissen, was sie gegen den einen Bin Laden und seine Taliban in Afghanistan mit ihrem gewaltigen militärischen Aufmarsch anfangen sollen. Die gleiche Verlegenheit und Ohnmacht merke ich überall da, wo die wenigen Akteure schwere Wunden geschlagen haben und nun die ganze Welt meint, in allen Winkeln nach „Schläfern“ suchen zu müssen, weil die Täter nicht mehr greifbar sind. Solche Ohnmacht zwingt die betroffenen Regierungen zu Maßnahmen, die unter Umständen uns alle verdächtig machen, … Ceterum censeo, sententiam „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

04 - 10 - 2001

… jedenfalls alle, die sich nicht rückhaltlos auf die Seite der USA stellen, so ist es doch wohl gemeint, wenn Bush sagt: „Wer nicht mit uns ist, der ist gegen uns!“ Dieses „Extra ecclesiam nulla salus“ (Außerhalb der Kirche ist die Hölle) beanspruchen alle Religionen biblischen Ursprungs:
die Juden, die Christen und die Moslems. So lange dieser Satz nicht zurückgenommen und den Atheisten keine uneingeschränkte Gleichberechtigung zugestanden wird, gibt es keinen Frieden unter diesen Religionen. Die Fundamentalisten unter ihnen werden immer, unter Berufung auf diesen Satz, ihr eigenes Heil zu verlieren fürchten und wenn sie sich nicht von der Aufklärung isolieren können, werden sie die Ihren, sofern sie zur Toleranz der Aufklärung neigen, terrorisieren um sie so wieder ins Boot, d.h. ins „Heil“ zurückzuholen.
Hier hat der religiöse Terror seine Ursache. Entsprechendes gilt auch beim Nationalismus.
Es wäre nun gänzlich falsch eine dritte Konfession der „Atheisten“ einzuführen und sie dem Staat über eine Kultursteuer steuerpflichtig zu machen. Die biblischen Konfessionen werden das sofort verlangen, weil sie sich ohne eine solche benachteiligt fühlten und der Staat wird darin eine willkommene Einnahmequelle sehen. Aber der Atheismus ist keine Ideologie, sondern ihr Ende. Er ist aber nicht das Ende der Ethik im Zusammenleben der Menschen. Die erste Tafel des Dekalogs geht zu Bruch, nicht die zweite. Deren Erkenntnisse sind älter als der Monotheismus.
Die erste Tafel des Dekalogs wurde der zweiten vorgesetzt als der Monotheismus sich als Ideologie in den Vordergrund drängte. Biblisch nachweisbar bei der Apotheose des JHWH zum ADON und der konsequenten Überarbeitung aller Texte im Sinne dieser Diktatur. Ceterum censeo sententiam : „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

07 - 10 - 2001

Es ist zwischen Scharon und den USA zu einem Zerwürfnis gekommen. Scharon beanstandet, dass Bush, im Bemühen die arabischen Staaten für seine Front gegen den Terrorismus zu gewinnen, zugestanden hat, den Palästinensern einen eigenen Staat zuzubilligen. Das ist der springende Punkt im nahen Osten. Israel, das fundamentalistische Israel, mit Scharon an der Spitze, wollen Jerusalem des Tempels wegen als Hauptstadt ganz. Das Recht darauf sei ihnen göttlicherseits in der Bibel verbrieft. Was sie zurzeit davon besitzen, haben sie sich im 6- Tage- Krieg mit Gewalt von den Palästinensern genommen. Die Palästinenser andererseits besitzen dieses Jerusalem seit der Frühzeit des Islam und auf dem Tempelberg, von dem Mohammed gegen Himmel gefahren sein soll, die Al Axa Moschee. Alle Versuche der Christen, um das Jahr 1000, mit ihren Kreuzzügen Jerusalem von den Mohammedanern zu befreien sind gescheitert. Ceterum censeo sententiam „ Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

08 - 10 - 2001

Gestern Abend haben die USA und die Engländer den Angriff auf Afghanistan gestartet. Mit Bombern und Raketen haben sie militärische Ziele angegriffen und gleichzeitig für die darbende Zivilbevölkerung Lebensmittel abgeworfen. Um deutlich zu machen, dass ihr Angriff sich nicht gegen das Volk der Afghanen richte. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Terrorismus der ganzen Erde zu vernichten. Ob sie wissen, was sie damit tun? Wir werden sehen, wohin diese Absicht sie führt. Ans Ziel ihrer Wünsche, für alle Zeiten die Polizeimacht der Erde zu sein? Einer so stark, dass er die ganze Menschheit zum Frieden zwingen kann. Die Diktatur des Friedens! Ceterum censeo sententiam: „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

09 - 10 – 2001

Großbritannien und die USA bombten in der zweiten Nacht auf Afghanistan. Es sieht so aus, als ob die Taliban und Bin Laden ohne große Gegenwehr zusehen wollen, wie die Großmächte ihre Munition und das viele Geld, das dieser Krieg sie täglich kostet, auf Afghanistan loswerden wollen.
Heute wurden die ersten Milzbranderkrankungen aus den USA gemeldet. Ein Journalist namens Wickert hat sich mit Bush und der öffentlichen, medienerzeugten Meinung angelegt, als er geäußert haben soll: Bush und Bin Laden nähmen im Grunde die gleichen Standpunkte ein: Im Namen Gottes zu handeln. Ich verstehe das so: Der eine als fundamentalistischer Vertreter des Alten und Neuen Testamentes mit Judentum und Christentum hinter sich und der andere als fundamentalistischer Vertreter des Koran, den Islam hinter sich. Jerusalem ist der Zankapfel im „Nahen Osten“. Vielleicht sehe ich zu wenig die Rolle des Öls der arabischen Länder, die die USA hinter diesem Kulturkampf versteckt. Ceterum censeo sententiam „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

11 - 10 - 2001

„Im Westen nichts Neues!“ Die Milzbrandinfektion in den USA bleibt auf den einen Fall begrenzt. Das Aufbegehren des Islams in der Welt gegen die USA wächst in den Ländern, deren Regierungen sich aus dem Konflikt herauszuhalten versuchen. In Indonesien, in Ägypten, in Bangladesch und unterschwellig, wo immer der fundamentalistische Islam sich aufhält, auch bei uns in Deutschland.
Man fragt sich: Was soll diese Reise Schröders in die USA? Will er neben der Kondolenz den USA so näher rücken wie die Engländer? Ich verstehe ihn nicht. Unsere zwangsläufige Dankbarkeit und Verbundenheit und unsere unaufhaltsame Überfremdung mit der amerikanischen Lebensart und Sprache hat uns doch längst zu einem europäischen Bundesstaat der USA gemacht. Oder hoffte er auf diese Weise mehr zu erfahren von dem, was die USA vorhaben? Mir sah das aus wie ein Antichambrieren bei Hofe. Ich bin kein Nationalist, aber einer, der die Selbstbestimmung liebt und sie so lange nicht verschenkt, als sie nicht gefragt ist und dann auch nur, wenn sie mit der meinen übereinstimmt. Ceterum censeo sententiam: „Extra ecclesiam nulla salus
esse delendam. 

18 - 10 - 2001

Der Angriff der Engländer und Amerikaner auf die Taliban in Afghanistan ist noch immer der Trumpf, den sie ausspielen. Leise Töne von Luftlandetruppen machen die Runde. Die nördliche Front talibanfeindlicher Stämme melden Gewinne. Aber sonst tut sich für unser Wissen nichts an der Front.
Dafür macht die Milzbrandbedrohung in den USA, die Bevölkerung unsicher. Bei uns sind es die sogen. Trittbrettfahrer, die ihr billiges, verheerendes Spiel mit uns treiben. Es lohnt nicht darüber zu berichten.
Haben wir doch längst gewusst, wie verletzlich wir uns gemacht haben und weiter machen mit der Industrialisierung unserer Lebensgrundlagen. Am gläsernen Menschen wird im Augenblick weitergemacht. Mit Forderungen nach Fingerabdrücken und besseren, vermessbaren Fotos auf den Personalausweisen sowie einer zentralen Erfassungskartei für alle Bürger versucht man von Regierungsseite unter wolllüsterner Zustimmung der Opposition Psalm 139 in die Tat umzusetzen. Dabei merken die, die das betreiben, nicht einmal, dass sie damit ihre und die der breiten Bevölkerung innewohnende animalische Naivität dazu gebrauchen, der Menschheit Selbstbestimmung, Freiheit und Glück wie reife Trauben durch ihre Pressen zerquetschen und zerstören und Blut statt Wein damit produzieren. Ceterum censeo, sententiam „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

06 - 11 - 2001

Nach der gewaltigen Erschütterung unserer Wohlstandssicherheit am 11. September ist es nun langweilig still geworden. Die Amerikaner zerbomben Afghanistan und lassen uns in der Meinung, dass sie ihrem Ziel Tag für Tag näher kommen. Die Weltwirtschaft lahmt. Die großen Banken schrumpfen sich gesund. Die Zahl der Arbeitslosen wächst. Sehe ich zu schwarz, wenn ich kommen sehe, was kommen muss, den beginnenden Zusammenbruch unserer kapitalistischen Wirtschaftsform? Kein Baum wächst in den Himmel.
Gewiss, die Evolution hat erwiesen, dass sie dem Leben immer neue Wege bahnen konnte bis hin zum Menschen. Aber ist das, was der Mensch seit seinem Dasein auf der Erde getan hat und tut, die Fortsetzung der Evolution oder nicht viel mehr das Ausplündern einer Schatzkammer?
Ein anderer Gedanke hat mich heute beschäftigt. Ich ziehe ja immer Parallelen zum menschlichen Verhalten vergangener Zeiten und stoße dabei immer wieder auf Verhaltensweisen, die der Mensch von seiner tierischen Herkunft her bis heute beibehalten hat. Im Augenblick sucht die CDU nach einem Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2002.
Dabei fiel mir auf, wieviel Ähnlichkeit dieser Vorgang hat mit der Messiaserwartung Israels zur Zeit Jesu. Was suchen sie? Einen Retter, der sie aus der Ohnmacht der Opposition wieder an die Macht als Regierungspartei bringt. Wen suchen sie? Einen Menschen, der Führerqualitäten aufzuweisen hat, der vor allem in Redeschlachten sein Gegenüber k.o. zu schlagen vermag und den Jubel des Publikums so gewinnt. Die Regierungsparteien denken nicht viel anders. Darum wird bei Wahlen dem Persönlichkeitswahlrecht immer mehr Gewicht beigelegt und den Parteiprogrammen immer weniger, zumal diese sich im Grunde auf zwei Ideologien reduzieren lassen: auf die separatistische, national-konfessionelle einerseits und die weltbürgerliche andererseits. Darum mein Schlusswort: Ceterum censeo, sententiam: „Extra ecclesiam et extra patriam nulla salus“ esse delendam. Extra terram nulla salus. 

13 - 11 - 2001

Gestern ereignete sich in New York wieder eine Katastrophe. Ein Airbus stürzte über einem Wohngebiet der Stadt ab. Der erste Gedanke, es handele sich wieder um einen terroristischen Anschlag erwies sich aber als unbegründet. In Afghanistan haben die Taliban Kabul räumen müssen und große Teile des Landes an die Nordfront verloren. Die USA versuchen die Sieger aus der Stadt fernzuhalten, weil sie fürchten, dass diese - wie schon einmal - den Sieg über Kabul als Raubzug verstehen und damit den Versuch zunichte machen könnten, aus den vielen rivalisierenden Stämmen des Landes wieder ein einigermaßen geeintes Afghanistan zu machen. 

15 - 11 - 2001

Die Nordfront ist bis Kandahār vorgerückt. Dort sollen nun heftige Straßenkämpfe stattfinden. Die acht Entwicklungshelfer, die wegen christlichen Missionierens von den Taliban verhaftet wurden und verurteilt werden sollten, sind wieder frei. Die vorrückende Nordfront hat sie offenbar noch in einem Gefängnis vorgefunden und befreit. Jetzt weiß niemand so recht, wie es weitergehen soll, nachdem die Nordfront den Sieg für sich zu verbuchen scheint und eine föderale Regierung aller Stämme Afghanistans nur schwer zu erreichen ist, da die Paschtunen als der größere Stamm sich kaum nur als gleichberechtigt neben den anderen gewertet sehen möchte.
Ich hörte eben im Deutschlandfunk den Rest eines Gespräches von Vertretern aus dem Islam, dem Judentum und dem Christentum über die Missionierung. Das Judentum betreibt sie nicht, der Islam nennt sie Verkündigung. Für das, was die christliche Seite dazu zu sagen hatte, kam ich zu spät. Aber eins bekam ich noch mit, dass allen drei Religionen das Zugeständnis gemacht wurde, ihr Grundwissen aus Offenbarungen herleiten zu dürfen. Da saß ich wieder, ich armer Tor, mit meinem Wissen um die Stunde, in der wir Menschen uns diesen Gott im „do it yourself“ - Verfahren gebastelt haben und nun „schlechthin abhängig“ von ihm sind. Als ich der Humanistischen Union beitrat, hatte ich gehofft, sie würde sich meiner Sache annehmen. 

18 - 11 - 2001

Volkstrauertag. Der Gottesdienst kam aus Dahlem, der Kirche Berlins, in der Niemöller gepredigt hat.
Mich zwang mein Computer nach den Tagebucheintragungen der letzten Tage zu suchen. Nach einer Umbenennung war die ganze Datei verschwunden. Ich musste sie mir von meiner Sicherungsdiskette auf meine Festplatte zurückholen und auf die Eintragungen der letzten Tage verzichten. Ich hatte mich damit beschäftigt, dass der Monotheismus der drei Religionen biblischen Ursprungs das Grundmuster für alle Monarchien, Diktaturen, Hierarchien, Sekten, Parteien, Konzerne und Banken abgibt. Es ist das Patriarchat der Messiasse. Gerade in diesen Tagen der Suche nach einem Kanzlerkandidaten der CDU wird diese Suche nach einem Retter deutlich, der die Partei wieder aus der Hölle der Opposition in die Freiheit der Macht führen soll. Dasselbe vollzieht sich bei den Banken und den großen Konzernen, wenn erfolglose Manager ausgetauscht werden gegen solche, die anderswo Erfolg hatten. Auch dieser Bin Laden spielt für die fundamentalistischen Moslems die Rolle des Heilands. Deutlich bevorzugt sind Männer. Wir wissen, nein, wir ahnen nicht einmal mehr unsere animalische Rückständigkeit in der religiösen Engstirnigkeit, die in Politik und Wirtschaft ihr Unwesen treiben und uns in diese Katastrophe führen, in der wir schon bis zum Halse drinstecken. 

20 - 11 - 01

Wunderliche USA! Da melden sich nun die gottbesessenen Denominationen zu Wort und behaupten, das Geschehen der letzten Wochen sei die Strafe Gottes dafür, dass in den Staaten die Abtreibungsgesetzgebung gelockert worden sei und Schwule und Lesben vom Odium der Verworfenheit befreit worden wären. 

24 - 11 - 2001

„Noch etwas bitt ich dich, dich umzukehren“
Sprach ich, „nach dorthin, wo der Wucher kränkt
Die Güte Gottes, und mich zu belehren“,
„Philosophie lehrt den, der sie bedenkt“,
Sprach er, „nicht nur an einer Stelle,
Wie die Natur in ihrem Lauf sich senkt
Aus Gottes Kunst und seiner Weisheitsquelle;
Lässt du dir die Physik gehen durch den Sinn,
Triffst du nach kurzem Blättern auf die Stelle,
Wo sich die Kunst ihr, wie sie kann, gibt hin,
Wie Schüler sich vom Lehrer lassen leiten;
So ist sie gleichsam Gottes Enkelin.
 
Aus diesen zwein, wenn du den ersten Seiten
Der Genesis denkst nach, muss in der Welt
Der Mensch sein Leben ziehn und weiterschreiten:
 
Und da der Wucherer andere Wege hält,
Schmäht er Natur und ihre Jüngerin,
Da er auf anderes sein Hoffnung stellt.“
 
(Dante Alighieri, „Die Göttliche Komödie“, Hölle, XI. Gesang)
 
Dies Zitat fand ich in einem noch unveröffentlichten Manuskript eines Herrn Bernd Striegel, der sich in ihm gründlich mit dem Problem des Geldes befasst.
(Herr Striegel war übrigens ein Schüler meines Sohnes Joachim auf dem Gymnasium in Münsingen.)
Auch Dante hat demnach schon um diese andere Deutung der Schöpfungsgeschichte gewusst. Auch sonst fand ich in dieser riesigen Arbeit Striegels mich darin bestätigt, dass auch er in der Erziehung der Kinder die Ursache für unsere von Machtstrukturen dominierte Kultur erkannt hat. 

29 - 11 – 2001

In der Zwischenzeit habe ich mit höchstem Interesse Striegels Abhandlung über das „Geld“ gelesen. Ich besitze eine CD davon. Er nimmt kein Blatt vor den Mund auch und gerade dem Judentum gegenüber. Mir zu direkt und persönlich. Wir stimmen darin überein: 1. Das letzte Ziel des Kapitalismus ist nicht das Geld, sondern die Macht, die er mit ihm über die Menschen hat. 2. Es ist nicht mehr nur das Mittel zur Macht des Judaismus, sondern auch des Christentums, des Judaismus mit Messias. Beiden ist gemeinsam „das Gesetz und die Propheten“, beide tendieren zur Beherrschung des Menschen, zur Einengung seiner Freiheit. Wo immer ihr Einfluss sich geltend machen kann, tendieren sie zu schärferen Gesetzen, zu schärferen Strafen, zur Abschreckung. Erst heute Morgen hörte ich, dass die Südstaaten der USA - der fromme „Südgürtel“ - das Ehescheidungsrecht wieder eingeschränkt hat. Wo immer die Tendenz zu beobachten ist, der Selbstbestimmung des Menschen nicht mehr nur mit Warnungen und Ratschlägen beizukommen, wo immer sie ihm mit „Zuckerbrot und Peitsche“ abgekauft wird, ist menschenverachtende Manipulation am Werk. Die Ideologie des Monotheismus ist der nahezu gelungene Versuch, die Macht über die Menschheit mittels des Geldes in eine Hand zu bekommen. Der Glaube an ihn ist - genau betrachtet -. nichts anderes als das Einverständnis monarchisch regiert und aller Verantwortung ledig zu sein. Es war immer so.“. Das Aufbegehren dagegen ist ein Rest von der wahren Würde des Menschen, seiner Selbstbestimmung und seiner Fähigkeit aus Fehlern zu lernen. 

03 - 12 - 2001

Striegel behauptet in seiner Arbeit über das Geld: Nicht das Geld sei letzten Endes das Ziel des Kapitalismus, sondern die Macht, die es dem Besitzer über andere Menschen zu geben vermöchte. Damit ist er zu demselben Resultat gekommen wie die frühisraelitische Weisheit in ihrer Warnung vor dem Willen zur Macht. Der Monotheismus als außerirdischer Machtfaktor, gleich der Sonne, ist dann bei den drei Religionen biblischen Ursprungs exemplarisch für das Zusammenleben der Menschen geworden. Schleiermacher bringt es auf den Nenner, wenn er uns Menschen als „schlechthin abhängig“ von Gott sieht. Das Ziel des Kapitalismus ist die Anhäufung des Geldes und mit ihr der Gewinn der Macht. Das Ziel der Macht aber ist, Menschen abhängig zu machen und so zu versklaven. Im Augeblick geht das so vor sich: Der Staat, selbst hochverschuldet, verkauft mehr und mehr von dem Allgemeinbesitz an private Unternehmer, sodass er die Verantwortung für die Arbeitskräfte dieser Verkaufsobjekte loswird. Der private Unternehmer aber fühlt sich frei von der Verantwortlichkeit des Staates für seine Diener und springt nun mit diesen Arbeitskräften ganz nach Belieben um. Mit der Verantwortung des Staates für seine Bevölkerung hat er ja nun nichts mehr zu tun. Aus abhängigen Angestellten und Arbeitern im Dienst an der Allgemeinheit sind nun wieder vergleichsweise Häusler, Knechte und Mägde der ehemaligen Adeligen und Großgrundbesitzer geworden. Der Rückschritt zu Altertum und Mittelalter ist unverkennbar. Unsere „schlechthinnige Abhängigkeit“ von Sonne und Erde hat über den Monotheismus zur „schlechthinnigen Abhängigkeit“ von einem Gott geführt, der offensichtlich eine menschliche Wunschvorstellung ist und weiter nichts. Für „schlechthin abhängig“ könnte man auch sagen „an die Kette legen“. Unsere „schlechthinnige Abhängigkeit“ von Sonne und Erde ist zugleich Allgemeinnot und Allgemeingut aller auf der Erde lebender Menschen. Sonne und Erde entnehmen wir nur die einseitige Botschaft, dass sie das Leben auf der Erde hervorgebracht haben und dafür sorgen, dass es, das Leben, bisher alles Hinderliche zu überwinden gewusst hat und - so sieht es jetzt aus - im Menschen das Wesen geschaffen hat, das nun diesen Vorgang der Fortsetzung des Lebens selber in die Hand nehmen kann. Mehr wissen wir nicht. Aus dieser Initiative entspringt die ethische Forderung, der Fortsetzung des Lebens unsere ganze Kraft und Weisheit zu schenken. 

04 - 12 - 2001

Der Krieg in Afghanistan ist noch nicht zu Ende. Da melden die Wächter von der Zinne unserer Burg, der Erde, schon wieder neue Konflikte. Der Mangel an Trinkwasser wird für neuen Streit sorgen. Mit der Zahl der Menschen wächst auch ihr Durst und noch mehr die Dürre ihrer Felder.
Ceterum censeo, extra terram nulla salus! 

10 - 12 - 2001

Jetzt wird’s spannend: Bei der Frage nach dem Religionsunterricht an Schulen mit überwiegend Kindern aus islamischen Ländern sind die zuständigen Schulbehörden bereit, solchen Religionsunterricht erteilen zu lassen. Aber das sehen die beiden anderen Religionen nicht ohne Unbehagen. Dazu kommt, dass der Islam nicht mit einer Zunge redet, wie die Christen mit ihrem trinitarischen Dogma. Kirche und Staat standen sich bei uns Christen von Anfang an als zwei Mächte gegenüber, in ständigem Streit um die Vormacht. Die Folge davon war, dass in den modernen Verfassungen grundsätzlich die Trennung der beiden festgeschrieben wurde. Das war möglich, weil das Christentum ein Glaube war, der im öffentlichen Leben so fest verankert war, dass er immer mehr darauf verzichten konnte, sich individuell besonders kenntlich zu machen. Auch der Islam konzentriert sich um ein Buch, den Koran, dessen Interpretation sich aber nicht in einem Dogma manifestiert, sondern in einer Lebenshaltung aller Gläubigen. Die Folge davon ist, dass der Glaube eines Islam im öffentlichen Leben sichtbar werden muss. Ähnlich wie bei den strenggläubigen Juden. Damit geschieht aber eine religiöse Separation, die bei uns nicht mehr als wünschenswert erscheint. Gewiss, der konfessionelle Unterricht an den Schulen ist ja auch Separation. Dennoch träte mit dem islamischen Unterricht wieder ein Zustand ein, den wir Christen meinen längst hinter uns gelassen zu haben. 

12 - 12 - 2001

Gestern hat das BVG in Karlsruhe auf die Klagen der beiden Kirchen gegen die Einführung des L.E.R. Unterrichtes (Lebenskunde, Ethik, Religionswissenschaft), als Ersatz für den bisherigen konfessionellen Religionsunterricht, kein Urteil gesprochen, sondern einen Vorschlag zur Einigung der Kläger mit dem Beklagten gemacht. Danach solle auch weiterhin der Religionsunterricht der beiden Konfessionen an Schulen gewährleistet und benotet werden, wenn mindestens 12 Teilnehmer dafür vorhanden seien.
Es sei den Schülern freigestellt, ob sie sich vom Religionsunterricht freistellen lassen wollen. 

17 - 12 - 2001

In Afghanistan ist die letzte Festung der Taliban, Tora Bora gefallen. Aber von Bin Laden keine Spur. Darum geht die Jagd nach ihm weiter. Wen die USA als nächsten „Schurkenstaaten“ sich vornimmt, haben sie noch nicht verraten. In Jerusalem, der Brandursache, hat Scharon militärisch die Macht über Arafats Staat übernommen und ihn selber unter Hausarrest gesetzt. Im Sicherheitsrat der UNO haben die USA gegen eine Resolution zu Gunsten der Palästinenser ihr Veto eingelegt. England und Norwegen haben sich der Stimme enthalten. Der nächste und eigentliche Schurkenstaat für die USA wäre demnach Arafat und sein Anhang. Sie brauchten nur den Felsendom des Islam zu zerbomben und den Israelis Jerusalem zu geben, dann hätten sie mehr als Bin Laden und den sogen. Terrorismus im Herzen getroffen. Aber das wagen sie nicht, wohl wissend, den Terror damit zur Explosion zu bringen. Scharon weiß das und übernimmt dies Geschäft Arafat und seinen Staat zu vernichten selber, die USA in Deckung haltend und den ganzen Zorn des Islam auf sich ziehend. Er weiß, was er tut und ist sich der Folgen - des Anwachsens von Selbstmordattentaten der Palästinenser in Israel - bewusst. Er rechnet aber mit Ermüdungserscheinungen und Resignation bei den Palästinensern. Ihn kümmert es nicht, dass solch ein gewaltsam herbeigeführter Zustand eine unheilbare Wunde bleibt. 

19 - 12 - 2001

Die Religion auf dem Vormarsch!? In den USA mehren sich die Stimmen der Analphabeten zu Wort, dergestalt, dass sie die kritischen Stimmen im eigenen Land zum Vorgehen der USA gegen die sogen. Terroristen in der Welt verketzern und zum Schweigen zu bringen versuchen. Das ist auch Terror einer Diktatur, die bereits glaubt die Menschheit in der Tasche zu haben. Die Diktatur der konservativen USA über die Menschheit. Der Traum von dem Frieden auf Erden unter einem Starken, der alle anderen zum Frieden zwingen kann, ist noch nicht ausgeträumt. Es ist die Weltanschauung der Analphabeten: Ist der Feind ausgerottet, herrscht Friede. Ceterum censeo, sententiam „extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

20 - 12 - 2001

Ich habe weiter darüber nachgedacht, wie die „Vertrauen schaffenden Maßnahmen“ denn wohl konkret aussehen könnten? Ganz vereinfacht würde das heißen, dass sich der Starke in den Schutz des Schwachen stelle. Damit wäre das Misstrauen des Schwachen ausgeräumt. Verzicht auf Macht gegenüber dem Schwächeren, Verzicht auf das Gewicht der Mehrheit, Verzicht auf alles für den anderen Bedrohliche. Da sind wir dann wieder bei dem Weltethos und bei der „Gottebenbildlichkeit“ des Menschen des Jahwisten und Jesu. „Was ihr wollt, das euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch.“ Die Selbstbestimmung des Menschen als Einzelnem und damit auch der Völker ist hochempfindlich. Ich frage mich: Ist die Orientierung daran - diese nicht zu verletzen - realisierbar? Die Friedensforschung ist in den letzten Jahren kleinlaut geworden. Ist sie auch zu dem Schluss gekommen, der Gedanke, über Vertrauen bildende Maßnahmen zum Weltfrieden zu kommen, sei nicht realisierbar?
Die Frage lautet letztlich: Ist ein Mensch im Weltethos erziehbar, so dass er ein sicheres Gespür dafür hat, wo er im Umgang mit seinen Mitmenschen ihre Selbstbestimmung nicht mehr nur in seiner Beratung lässt, sondern in seine Gewalt zu bekommen versucht, so dass jede Verletzung dieser Selbstbestimmung ihn wehtäte. Beim Töten ist weltweit diese Abscheu noch vorhanden. Bei allen anderen Ratschlägen nicht mehr, obwohl die Zerstörungskraft ihrer Missachtung auf der Hand liegt. Man hat sich so daran gewöhnt und findet sich mit diesem zerstörten Zusammenleben ab und die Zerstörung schreitet fort.
Aber das Wissen um die „Vertrauen schaffenden Maßnahmen“ als Mittel zum Frieden unter den Menschen ist da. Und ich behaupte: Wo ein Wissen ist, haben Hypothese und Irrtum den Boden unter ihren Füßen verloren.
Ceterum censeo, sententiam „extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

21 - 12 - 2001

Die Katastrophe schleicht sich durch unsere Zeit. Die jungen Christen im Nahen Osten wandern aus nach Australien und Kanada. Sie sind in der Minderheit und werden bei den Auseinandersetzungen nicht geschont, weder von den Israelis noch von den Palästinensern. In unserer evangelischen Kirche in der Bundesrepublik fallen die Abgrenzungen zu den Menschen, die einer Kirche nicht mehr angehören. Kirchliche Dienstleistungen werden ihnen angeboten. Nach dem Krieg war kirchliche Zugehörigkeit begehrt. Ich selber habe in meiner großen Gemeinde die vielen Wiederaufnahmen der unter den Nazis aus der Kirche Ausgetretenen oder nicht Konfirmierten noch gut in Erinnerung. In besonderen, 12stündigen Kursen habe ich mich abgemüht ihnen evangelischen Glauben ans Herz zu legen. Dazu wurde ihnen abverlangt in einem Gottesdienst vor der Gemeinde ihre Wiederaufnahme zu begehen. Ach, war das für viele von ihnen bitter. Aus meiner heutigen Sicht bin ich mir selbst in dieser Haltung als Pfarrer fremd. Aber damals wollten wir die Gelegenheit dazu nutzen unseren Glauben Erwachsenen noch einmal so intensiv wie möglich ins Bewusstsein zu bringen. Ich wusste damals nicht was ich tat. Heute läuft die Kirche den Menschen nach und fragt nicht mehr: Sind Sie getauft? Sind Sie konfirmiert, gehören Sie noch der Kirche an? Haben Sie zwei evangelische Paten für Ihr Kind, die der Kirche noch angehören? Wo sind Ihre Patenbescheinigungen? u.s.w. Und dann behaupten die Medien, das Verlangen nach Religion nehme zu. Es ist doch reine Schizophrenie gleichzeitig auf einem anderen Kanal das Wissen um die Entstehung der Erde aus einem Urknall zu demonstrieren. Wissen beseitigt die Religion.
Die Behauptung der wissende Mensch sei unethisch, ist eine glatte Lüge, wie so vieles in den Religionen. Wahr ist, dass die Evolution ethisch ist, denn sie besteht auf dem Fortbestand des Lebens und ist darum Hüterin des Lebens wie sonst keiner.
Ceterum censeo, sententiam „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam.

23 - 12 - 2001

Es ist Weihnachtszeit. Radio und Fernsehen ist voller „Stille Nacht“ und „Heilige Nacht“, lauter gefühlvolle Melodien. Sie erinnern mich an die barocken Kirchen der Gegenreformation, als man den Verlust der Kirche an Glaubwürdigkeit durch ihre Sehenswürdigkeit wieder gutzumachen versuchte. Aber hatte die Kirche nicht auch vorher schon auf ihr Ansehen großen Wert gelegt? Hatte sie sich doch auch vorher schon in Gestalt ihrer Kirchen in jeder Ortschaft in den Mittelpunkt gestellt und je nach Größe der Ortschaften Kirchen, Münster und Dome erbaut. Gebäude, deren Vollendung erst in meiner Zeit gelingen konnte, z.B. der Kölner Dom.
Findet sich dieser Versuch Größe zu zeigen doch auch in der Kirchenmusik mit ihren Chorwerken, in denen die Komponisten - zur Ehre Gottes - bis an die Grenze menschlicher Fähigkeiten gingen ihm zu huldigen.
Ist es nur meine Sicht der Dinge, wenn ich denke, dass in meiner Zeit dieses Bemühen der Kirche, ihre alles beherrschende Bedeutung in Stadt und Land in Gestalt ihrer Kirchen festzuhalten, weder von den Bauherrn noch von ihren Architekten respektiert wurde. Längst überragen andere Bauten diese Zentren kirchlichen Anspruchs. Und Weihnachten?
„Süßer die Kassen nie klingeln“. Deutlicher kann es nicht beschrieben werden, als mit dieser Umdichtung eines dieser Ohrwürmer, mit denen die Menschen zum Kauf angeregt werden. Die Botschaft der Kirche war immer schon ein Lockmittel für die Naivität des Menschen. Konstantin der Große hat es begriffen, als er zum Christentum übertrat und es zur Staatsreligion machte.
Ceterum censeo, sententiam „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam. 

24 - 12 - 2001

Monotheismus, Monarchie, römisches Kaisertum, römisches Papsttum, das heilige römische Reich deutscher Nationen und seine Kaiser von Karl dem Großen bis zu den deutschen Kaisern („Wir, Wilhelm, Kaiser von Gottes Gnaden“), dann die legale Machtübernahme der Diktatur eines „Führers“ und jetzt die globale Machtübernahme der USA in Gestalt ihres Präsidenten Bush: „Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns!“ Wie im Großen, so auch im Kleinen der Kanzlerkandidatur. Gesucht ist eine die Naivität der Bevölkerung befriedigende Persönlichkeit. Und die Bevölkerung verlangt nach jemandem, der ihr abnimmt in diesem Ameisenhaufen der Bundesrepublik mitdenken und mitverantworten zu müssen. Die Menschwerdung des Menschen steht erst vor uns. Die Ameisen sind schon weiter als wir. C c s !  

25 - 12 - 2001

Zunächst das, was sich mir aus allem Gesehenen und Gehörten an diesem Fest am stärksten eingeprägt hat: In Italien gibt es ein Dorf, das das Weihnachtsfest abgeschafft hat. 30 % der Bevölkerung sind nicht katholisch. Und um die vielen Kinder, die nicht Weihnachten feiern konnten, in das Fest einbeziehen zu können hat die Dorfgemeinschaft das Fest umfunktioniert zu einem Gemeinschaftsfest aller Dorfbewohner. Andere Dörfer wollen diesem Beispiel folgen. Das Andere: Im Zusammenhang eines Gesprächs über die Geschichte des Christbaums wurde gesagt, dass dieser sich von Europa über die ganze Erde ausgebreitet und sogar der Weihnachtsbotschaft den Rang abgelaufen habe. C.C.S. „E.E.N.S“ .E.D. 

26 - 12 - 2001

Warum ist der Sitz der UNO in New York? Geschah das auf Verlangen der USA? Sie hatten in den 2. Weltkrieg entscheidend eingegriffen und den Sieg herbeigeführt. Seither hängt die UNO am Tropf der USA. Sie halten sie mit ihren zögerlichen Beitragszahlungen kurz und im Sicherheitsrat mit ihrem Veto auf Kurs. Auch hier ist der globale Machtanspruch der USA unverkennbar zu spüren.
Dem beugen sich die Engländer natürlich wegen der nahen Verwandtschaft nicht nur in der Sprache. Frankreich, anfänglich zögerlich, vermochte dem Trend auf Dauer nicht zu widerstehen.

27 - 12 - 2001

Und wir? Die CDU und ihr Anhang stehen ideologisch ganz auf der Seite der USA. Dieser Bush ist Fleisch von ihrem Fleisch. Aber fremd für mich war Schröders uneingeschränkte Dankbarkeitsadresse an die USA Ein wenig Zurückhaltung hätte meinem Empfinden mehr entsprochen. So uneigennützig waren die Carepakete am Ende des Krieges nicht. Erst die Peitsche und dann das Zuckerbrot. „Wen der Herr lieb hat, den züchtigt er.“
Erst nach dem „k.o.“ darf der Geschlagene wieder aufstehen. Erst nach dem „k.o.“ weiß der am Boden Liegende, wer hier der Stärkere ist und was hier gespielt wird. Kusch dich! Mag sein, dass Schröder mitspielt im Wissen um das böse Ende dieser Machtarroganz.
Heute Morgen erst wurde im Deutschlandfunk berichtet, dass drüben in einigen Kirchen nun auch die Fahne der USA neben dem Kreuz auf dem Altar stünde. Nur zu! Wir kennen das und sind da durch, womit die USA jetzt erst zu beginnen scheinen. Konfessionalismus und Nationalismus sind ja nach meiner Überzeugung Geschwister.
Ich hörte gestern von zahlreichen christlichen Gemeinden im Nahen Osten, die sich aus der Frühzeit der Christenheit bis heute in ihrer Eigenart erhalten haben, ohne einer der Großkirchen anzugehören, von den Maroniten im Libanon, den Kopten in Ägypten, ständig bedroht von dem sie umgebenden Islam. Was ist das in diesen Menschen, das sie so unerbittlich an ihre Glaubenstradition bindet? Der Glaube? Er ist doch nichts anderes als der Verzicht auf „die Freiheit der Gedanken“. Verfestigt er sich in der Nation, dem Staat, der Landsmannschaft????
Damit komme ich an einen Punkt, an dem sich die Frage stellt: Wie ist das Zusammenspiel zwischen Kirche und Staat in den Gebieten mit überwiegend monotheistischen Kirchen? Wer reitet auf wem: Die Kirche auf dem Staat oder umgekehrt? Im katholischen Irland? Im evangelischen Irland? Auf dem Balkan bei Serben, Kroaten, Albanern? Im Nahen Osten in Israel und bei den Palästinensern? Sind da Ross und Reiter noch zu unterscheiden?
Die wenigsten Bürger werden sich darüber Gedanken machen, dass mit dem „christlich“ im Parteinamen der CDU und CSU eben der Monotheismus seinen Mehrwertanspruch in der Bundesrepublik erhebt und zugleich ganz offensichtlich ihrem nationalen Mehrwertbewusstsein in Europa auf die Beine helfen will. Auf die Weise versucht die Kirche wieder in den Sattel zu kommen, aus dem sie durch das Grundgesetz und durch den Abgang Kohls als Bundeskanzler entfernt wurde. Dem Monotheismus entsprechen Monarchie und Patriarchat oder auch, mit Verlaub, das Führerprinzip. Dem Mehrwertanspruch entspricht das Gewicht der Mehrheit. Auch das ist nicht dem Leben und dem Frieden auf dieser Erde dienlich. 

06 - 01 - 2002

Epiphanias: Ich hörte eine katholische Morgenfeier, die sich ausschließlich mit dem Lied „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ von Ph. Nicolai befasste.
Mit welchem Recht nimmt die katholische Kirche evangelisches Liedgut für sich in Anspruch, wo sie doch im Blick auf die Abendmahlsgemeinschaft so unerbittlich nein sagt? Was heißt hier Recht? Es gehört zu ihrem Mehrwertanspruch, sich in der Welt nehmen zu dürfen, was sie in ihr Selbstverständnis einbauen kann. Dazu gehört offensichtlich auch das evangelische Liedgut, mit dem sie zugleich eine gewisse Nähe zu den Evangelischen unter Beweis stellt. Ihr unverrückbares Ziel ist und bleibt aber die Rückkehr der Protestanten unter das Patriarchat des Papstes. Diese heimlichen, unerschütterlichen Endziele der Konfessionen biblischen Ursprungs machen alle Versuche zur Verständigung zunichte. Der Juden Endziel ist das jüdische Jerusalem. Die Katholiken visieren die eine Kirche unter dem Papst an. Die Moslems den Gottesstaat unter dem Grundgesetz des Korans. Die katholischen Iren die Einheit der Insel. Die protestantischen Iren ihre Zugehörigkeit zur England. So ist es nahezu überall. Man verhandelt nicht um die Knackpunkte, sondern versucht sich gegenseitig zu ermüden, - bis, ja bis was? - der eine oder der andere stirbt? Unsere Geschichte lehrt uns, dass die Fehler der Vergangenheit gesehen und berichtigt werden müssen, wenn man sie unwirksam machen will. 
Gestern wurde ich ganz zufällig Zuhörer bei einem Gespräch zweier Computer-Fachleute über die Weiterentwicklung der Datenspeicherung. Der Befragte sah sie ungehemmt und in Zukunft bis zu 80% der Menschheit darin beschäftigt. Er nannte den Vorgang eine Fortsetzung der Evolution. Ich war natürlich zutiefst enttäuscht über diesen Missbrauch des Wortes Evolution. Bisher wurde damit das natürliche Wachstum des Lebens bezeichnet. So einfach ist das! Was geht einen Computerfachmann die korrekte Verwendung unserer Begriffe an? So wurden und werden die Fehler in der Geschichte der Menschheit gemacht. Das augenfälligste Beispiel für mich ist die Täuschung, Gnade sei Liebe. Wer wissen will wieso, der muss dahin zurückgehen, wo das angefangen hat. Für die meisten Menschen ist das zu weit. So leben wir in einer Welt fehlerhafter und missbrauchter Begrifflichkeit, der Sprachenverwirrung des Turmbaus zu Babel. Ceterum censeo!
 

07 - 01 - 2002
Gestern Abend sah ich eine Sendung in Hessen 3. Ein amerikanischer Pferdezüchter zeigte überzeugend seine Methode, auch wildeste Pferde in kürzester Zeit sich vertraut zu machen, so dass das Pferd ihm auf Schritt und Tritt folgte. Während ringsum in Amerika noch die Überzeugung herrscht, ein Pferd müsse mit Gewalt dazu gezwungen werden, sich einen Sattel auflegen zu lassen, suchte er zuerst das Vertrauen des Tieres und vermochte dann dem Tier den Sattel aufzulegen und es zu besteigen. An Tieren erprobt sich der Satz der Friedensforschung: Mit Vertrauen erweckenden Maßnahmen gegenüber dem Nachbarn den Frieden erhalten. Dasselbe gilt für die Kindererziehung, die auch heute noch weithin gehandhabt wird nach biblischen Vorgaben. Danach ist der Mensch von Natur aus böse, so dass zunächst sein Eigenwille gebrochen werden muss. In den drei Jahrtausenden dieser Glaubenshaltung ist im Umgang mit den Menschen an ihm gesündigt worden und es wird weiter gesündigt bei denen, die an diesem Satz festhalten und damit geradezu „gnadenlos“ gebrochene Menschen erziehen. Sie glauben an die Macht der Gewalt und ziehen die Daumenschrauben immer stärker an. Der 11. September, an dem das „World Trade Center“ von eben diesen, in der Sache gleich motivierten Moslems zerstört wurde, beweist die zerstörerische Kraft des Monotheismus. Ein Auge dafür, dass den Betroffenen ihr eigenes Spiegelbild begegnet, haben sie nicht mehr. Der Feind wird als Terrorist deklariert. Darum ende ich auch diese Eintragung mit dem: Ceterum censeo sententiam „Extra ecclesiam nulla salus“ esse delendam.