Otto Wilhelmy
Tagebuch 2 a vom 6.1.01 bis zum 11.9.01.
in dem ich jede Eintragung über das Weltgeschehen ab 30.09.01 enden möchte mit der Mahnung: "Ceterum censeo, sententiam „Extra ecclesiam nulla salus!“ esse delendam."
 

06 - 01 – 2001

Sollte hier auch der Grund dafür liegen, dass die naive Allgemeinheit im Umgang mit den Verbrechern, aber auch mit dem Unkraut auf den Feldern und dem Dreck im Haushalt geradezu fanatisch aufs Ausrotten eingestellt ist; getrieben von dem Verlangen nach einer heilen Welt? Und gelingt es darum nicht, weil die Menschen zunächst bei sich selber damit beginnen müssten, anstatt die Fehler zuerst anderswo zu suchen. Heute las ich in der Zeitung, dass der namhafte Intendant der Theaterwelt, Peymann, sich die Aufklärung für seine neue Arbeit in Berlin zur Aufgabe gemacht habe. Als Begründung dafür meinte er, das Gros unserer Gesellschaft sei völlig amoralisch. Auch ich stelle fest, dass ich mit einem ständigen Misstrauen lebe, obwohl ich sehr bewusst meinerseits niemandem einen Grund zum Misstrauen zu geben versuche. Lüge und Wahrheit sind abstrakte Begriffe. Sie sind im Zusammenleben nur noch für den denkenden Menschen und auch da nur noch annähernd konkret zu erkennen. Ekelhaft muten die Wahlkämpfe an, vollends, wenn sich Akademiker damit empfehlen, dass sie den Kampf statt mit dem Florett mit dem Säbel ausfechten wollen. Wir sind schon so weit, dass unsere politischen Gespräche im Bundestag zu Stierkämpfen oder Kampfhundeattacken, zu Schaukämpfen verkommen sind. Eigenartig ist dabei, dass gerade die Christlichen sich darauf etwas zu gute tun, solche Maulhelden und Sandsäcke präsentieren zu können. Ihre Arroganz hat offensichtlich damit zu tun, dass sie behaupten gar nicht genug Pfarrer zu haben, dem Taufverlangen der Menschheit gerecht zu werden (Dyba). In Wahrheit aber meinen die biblischen Religionen das, was ihnen durch die fortschreitende Aufklärung an Wahrheitsgehalt verloren geht, durch Arroganz ersetzen zu müssen.

09 - 01 - 2001

Unsere Tageszeitung hat heute als Schlagzeile die Köpfe aller „angeschlagenen“ Minister: Frau Fischer, die Gesundheitsministerin, wegen ihrer Bemühungen die Kostenexplosion im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen, Landwirtschaftsminister Funke wegen des Rinderwahnsinns, Joschka Fischer wegen seiner linksradikalen Vergangenheit in den siebziger Jahren, Scharping wegen des Verdachtes, nicht genug Aufmerksamkeit der Gefahr von Leukämie durch uranhaltige Geschosse der Nato geschenkt zu haben, Finanzminister Eichel wegen der Nutzung des militärischen Flugdienstes zu privaten Zwecken und schließlich auch noch Rister wegen der verkorksten Rentenreform. Ich kann nicht anders als tief depressiv zu sein angesichts dieses Vorgangs, dass Christen im Umgang mit ihren Mitmenschen nicht mehr wahrnehmen, wie sie sich dazu hergeben das Zusammenleben in unserem Volk bewusst und konsequent zu vergiften. Bisher habe ich noch nicht gewagt zu schreiben, dass der Kampf Kains, des Sesshaften, unabhängigen Besitzenden gegen Abel, den Abhängigen und den Letzten, den die Hunde beißen, das herrschende Gesetz unseres Zusammenlebens ist und bleiben wird. Bis jetzt hatte ich noch die Hoffnung, dass sich eines Tages die Menschheit auf die „Gottebenbildlichkeit“ des Jahwisten und ihre Wiederentdeckung durch den historischen Jesus besinnen könne. Aber die Friedensforschung schweigt und die „Grünen“ haben weder aus der Immunschwäche Aids Nutzen ziehen können noch aus dem BSE-Skandal. Die Horde Mensch greift lieber zum Rausch des Autos, der Zigarette, des Alkohols, der Drogen und Hypnose der Diskotheken und des Internets. Sitzend im Sessel durch die Welt gefahren werden. Oder noch bequemer zu Hause sitzend im Sessel die Welt zu sich bestellen zu können. Das ist ihr nächstes Ziel, das sie ansteuert. So vergibt sie ihre Freiheit Stück für Stück und wird immer abhängiger von ihren Narkotika. Und weiter geht’s damit, dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer und am Ende Kain seinen Bruder beseitigt hat und nun nur noch Selbstmord begehen kann.

10 - 01 - 2001

Der Rinderwahn hat nun auch die Bundesrepublik unwiderruflich erfasst. Über die Tiermehlverfütterung muss er eingedrungen sein. Der Landwirtschaftsminister Kunz und die Gesundheitsministerin Fischer haben gestern ihr Amt abgegeben. Das Eindringen dieser Seuche wird dem Unfall im Atomreaktor in Tschernobyl gleichgestellt. Man denke sich den Verlust der Bauern, durch den Verzicht der Verbraucher auf Rindfleisch und die Dinge, in denen es enthalten sein könnte. Solche Katastrophen liegen in der Luft und die meisten Leute tun so, als ob das Leben in alter solider Weise weiterginge. Den Zerfall moralischer Ordnungen scheinen sie gar nicht zu merken. Sie nehmen das alles wie das Wetter. Ihre eigene Depression verscheuchen sie mit Radiomusik, Fernsehen und dem Autofahren, dazu mit Alkohol und anderen Narkotika. Sie nennen es Stress und es ist doch nur die Flucht vor der Panik. Wir sind dem Ende des manipulierten Menschen nahe. Auch der Krieg hat andere Gestalt angenommen, seitdem nicht nur atomare, sondern auch bakterielle Waffen in unseren Händen sind. Die Übermacht der USA beschädigt zurzeit den Frieden im Nahen Osten. In Palästina brennt die Zündschnur und keiner kann sie mehr austreten. Es ist auch kein Zufall, dass die USA sich zum Beschützer dieses kleinen Volkes machen und dafür den Hass der ganzen Welt in Kauf nehmen. „Der Wille zur Macht“ bindet die USA an Jerusalem, den Ort ihrer vermeintlich göttlichen Legitimation als Weltbeherrscherin. Das ist meine Deutung. Aber nun stelle ich mir doch die Frage: Was verbindet diese Großmacht mit diesem Winzling unter den Völkern? Strategische Interessen, wie in der Türkei? Gehört auch Israel nur zu dem Netz, das sie um die Ölvorkommen Arabiens legen? Jetzt, wo wieder ein Republikaner Präsident der USA geworden ist, werden wir es erfahren, denn die Palästinenser haben schon Hekatomben von Menschen für ihr Heiligtum in Jerusalem geopfert und werden mit weiteren Hekatomben an Menschen ihren Willen durchsetzen. Sie haben Israel gegenüber das Vorrecht als die von Israel durch Krieg von ihrer Heimat Vertriebenen. Den göttlichen Zuspruch Jerusalems nehmen beide in Anspruch. Wer will entscheiden, wenn dieser Gott selber nicht mehr für einen der beiden den kleinsten Finger rührt? Spielen die USA Gott?

11 - 01 - 2001

Die Bauern (Kain) haben sich diese Suppe selbst eingerührt. Nun können die Verbraucher darüber abstimmen, welche Art von Tierhaltung sie wünschen. Der Bundeskanzler hat diese Gelegenheit auch beim Schopf genommen und das Landwirtschaftsministerium mit dem Ministerium für den Verbraucherschutz vereinigt.

13 - 01 - 2001

Jetzt protestieren die Bauern und wollen - im Sessel ihrer Elefanten-Bulldogs sitzend - Berlins Verkehr stören. Anders kann ich das nicht nennen. Was wollen sie damit bezwecken? Soll die Regierung damit unter Druck gesetzt werden, den Schaden, den sie im Rausch des dicken Geldes über Großbetriebe und Tiermehlfabriken verursacht haben, jetzt, nachdem die Sache in die Hose ging, vom Steuerzahler und Verbraucher sich vergolden lassen? Wer zu viel Risiko eingeht, muss damit rechnen, auch unter Umständen viel zu verlieren. Tiermast ist nichts Neues. Meine Mutter hatte schon 1911, als ich geboren wurde, eine eigene Schweinemästerei mit etwa 150 Schweinen im Stall. Auch sie kannte schon die Gefahr von Seuchen z.B. in Gestalt des Rotlaufs an Schweinen. Entsprechendes galt auch bei Rindern in Gestalt der Maul- und Klauenseuche. Aber so etwas, so etwas gab es noch nie! Leben wir jetzt in einem Zeitalter der Gigantomanie, so dass nicht nur die Gewinne gigantisch sind, sondern entsprechend auch immer die Verluste. Immer wieder werde ich an Goethes Zauberlehrling erinnert.
Verfalle ich jetzt gegenüber den Bauern in den Fehler, ein Feindbild von ihnen in mir zu haben? Es ist das Feindbild der Bibel, das Feindbild gegen den „Willen zur Macht“. Das frühisraelitische Zusammenleben in den Stämmen Israels war „herrschaftsfeindlich“.

17 - 01 - 2001

Ich habe noch einmal Kants „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ in Stichproben gelesen und war erstaunt, wie weit er bereits um 1800 mit seinem Philosophieren den kirchlichen Offenbarungsglauben zerstört hat. Seine nahezu ungenießbare Denk- und Schreibweise verlangt von den Lesern ein hohes Maß an Einübung und Geduld. Jedenfalls ich kam mit ihm nie zurecht, weil ich in der Theologie mich meinen Zuhörern unter der Kanzel verständlich machen musste und so gezwungen war, in ihrer Sprache zu reden. Jetzt erst, nach meiner eigenen Kenntnis der Sachlage, komme ich mit ihm ins Gespräch.

02 - 02 - 2001

Der Rinderwahnsinn bedroht zurzeit Europa und offenbart unsere Ratlosigkeit gegenüber solchen hausgemachten Epidemien. Rudolf Steiner, so hörte ich dieser Tage, soll schon gesagt haben: Wenn Kühen Tiermehl verfüttert werde, würden sie verrückt. Der Rindermarkt steht still. Die Ställe der Mastanstalten sind voll. Wohin jetzt mit diesen Tieren, die täglich zu fressen haben wollen und Kosten verursachen, ohne Abnehmer zu finden? Man ist an die Zeiten erinnert, als Obst vernichtet werden musste, weil zu viel davon auf dem Markt war. Man denkt an die Äcker, die seit Jahren schon gegen Bezahlung durch den Steuerzahler stillgelegt werden, um den Preisverfall der Frucht zu bremsen. Man denkt an die 3 - 4 Millionen Arbeitslosen, die nicht benötigt werden und ebenfalls gegen Bezahlung aus der Mitarbeit genommen werden. Ist das Marktwirtschaft und noch dazu „soziale“ Marktwirtschaft?
Oder ist es doch schon menschlicher Wahnsinn? Wann haben wir die Grenze des natürlich Humanen überschritten? Von wann an sind wir im Umgang mit Mensch und Tier über Leichen gegangen? Oder ist die Frage falsch? Sind wir noch nicht des „Sonderlichen“ unseres Menschseins gegenüber unserer tierischen Herkunft bewusst? Die Erdbebenkatastrophe in Indien mit über 100 000 Toten und dem Eingeständnis um die Erdbebengefahr gewusst zu haben, lässt unsereinen fragen: Warum haben dann die Wissenden zugelassen, dass sich dort Menschen ansiedelten? In der Regel treffen solche Katastrophen die Armenviertel übervölkerter Großstädte am härtesten. Die Landflucht hat sie angeschwemmt. Sie kommen und kamen „wie die Motten um das Licht“ und „verbrennen“ dort wie sie
„Weinend und klagend, beten und arbeiten“, so klang es in diesen Tagen aus dem Munde vieler betroffener Menschen.
 Der neue Präsident der USA meinte zuerst sein frommes Gesicht seinen Landsleuten zeigen zu sollen. Für diese Art religiöser Resignation einerseits und Selbstempfehlung andererseits habe ich nur eine ungute Empfindung.

03 - 02 - 2001

Eben habe ich im Deutschlandfunk zugehört, wie der Berichterstatter unterschiedliche Schlachthöfe aufgesucht und nach ihren Methoden befragt hat, mit denen sie der Katastrophe gerecht zu werden versuchen. Darf ein Mann weinen, wenn er erkennt, was hier geschehen muss? Lebende Rinder zu Tausenden schlachten und vernichten, weil die Ställe davon voll sind und kaum einer dafür Abnehmer findet, die Tiere aber weiter fressen und gepflegt sein wollen. Es ist nur noch ein Schritt vom Tier zum Menschen und der ist längst vollzogen in der langen Geschichte der Völkermorde auf dem Wege zu einer „heilen Welt“. Die „heile Welt“ ist Vorbild, in dem die Menschheit zu leben sich bestimmt sieht. Was ihr im Wege steht, muss weichen, ob Tier oder Mensch. Für die Serben ist die Welt erst heil, wenn alle Serben vereinigt sind in einem Wohngebiet. Für die Kosowaren gilt dasselbe. So könnte ich fortfahren über Israel, den Islam, die kath. Kirche und die Konfessionen. Wo immer sich einer von der Menschheit separiert, tut er es offen oder heimlich im Wunsch nach einer „heilen Welt“, die USA nicht ausgenommen. Was hat das mit dem Rinderwahnsinn zu tun, unter dem ich weinend leide? Die Welt der heilen Nahrungsmittel ist von uns Menschen katastrophal zerstört. Wir brauchen aber zuerst und zuletzt zum Leben die Sicherheit unserer Lebensmittel. Aber wir können sie nicht mehr haben, seitdem wir in unserem naiven Vertrauen auf den Fortschritt die Kontrolle über die Herkunft unserer Nahrung aus den Augen verloren haben.

05 - 02 - 2001

„Der gläserne Mensch!“: Psalm 139: „Herr, du erforschest mich und kennest mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.“ usw. Hier ist er bereits erdacht mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen.
Warum ist das bis heute offenbar ein verlockendes Ziel? Ist das die Reaktion auf die natürliche Freiheit des Menschen in seiner Selbstbestimmung? Ist der Mensch sich selbst unheimlich in seiner relativen Freiheit? Die Mittler zwischen diesem Gott und seiner gläsernen Menschheit sind die Priester? oder die Könige? Am liebsten beide in einer Person. Selbst in den Demokratien ist das Bündnis von Kirche und Staat die Regel, mag in den Verfassungen auch ihre Trennung als notwendig erkannt sein. Vor allem aber in den Köpfen der Naiven ist der Gottesstaat noch immer die beste Diktatur, die sie von aller Verantwortung und allem Mitdenken befreit. Der Rudelinstinkt hängt die Selbstverstümmelten ans Fell und an die Hörner des stärksten Bocks. Ist der in der Religion biblischen Ursprungs ins Glas seines Glaubens eingegossene Mensch wie der verglaste Atommüll auf dem Wege zu seiner Endlagerung?

06 - 02 - 2001

Noch regt sich Widerstand in diesen Glasblöcken. So erst in dem Widerstand des Bischofs von Limburg gegen das Verbot des Papstes, Beratungsscheine für eine legale Abtreibung auszustellen. Ihm ist es erlaubt bis zum Ende des Jahres diese Scheine zu geben. Sonst hat sich überall die katholische Laienorganisation „Donum vitae“ vom Gehorsam gegenüber Rom abgesetzt und in der Öffentlichkeit Anerkennung gefunden. Auch der Aufstand der Studenten in den 68 Jahren war eine solcher Versuch, diesen kulturellen "Verguss" in einer vom Geld beherrschten Wirtschaft zu sprengen. Die französische Revolution 1789 offenbart, dass der Wille der Bürger, sich von solchen Kompressionen des Staates oder der Gesellschaft in solchen Eruptionen zu befreien, immer auch die richtige Adresse der Verursacher erkannt hat: die Leithengste, die in der biblischen Kultur immer eine große Rolle gespielt haben. Nicht zufällig vollzieht sich gerade in diesen Tagen innerhalb der Christlich Demokratischen Union solch ein Kräftemessen um die Führung der Partei in aller Öffentlichkeit. Gleichzeitig hat sich auch in Sachsen gegen Biedenkopf ein neuer Hirsch zum Kampf gestellt. Schaut her: Ich bin ein Mann, dem selbst lügen nicht schaden kann. So stellt sich auch in Hessen der derzeitige Ministerpräsident seinen bewundernden Fans vor. Den schwachen Kindern gegenüber bestimmen Eltern und Lehrer ihr Gewicht. Im Kampf um die Macht werden Rammböcke gebraucht, notfalls auch nur Sandsäcke. Was die Spanier bei ihren Stierkämpfen erleben wollen und andere in Hahnenkämpfen oder bei der Perversität sich zerfleischender Kampfhunde, das suchen wir Bürger offenbar nach Meinung entmenschlichter Politiker in den Schlachten des Bundestages. Sonst könnte der neue Parteisekretär doch wohl nicht sagen: Er wolle von nun an nicht mehr nur noch mit dem Florett fechten, sondern mit dem Säbel. Das sieht dann so aus: Der derzeitige Bundeskanzler wird auf einem Wahlplakat nach Art einer Verbrecherkartei, von drei Seiten fotografiert dargestellt. Das aber war dann doch den Gentlemen innerhalb der Partei zu viel und sie erzwangen knurrend diesen Fauxpas zurückzunehmen.

07 - 02 - 2001

Es ist noch Vormittag und die erste Meldung, die ich aus dem DLF zu hören bekam, war die Mitteilung, dass nach dem Sieg der Republikaner bei der Präsidentenwahl von den infantil-religiösen Gruppen der USA ein Mammutfilm finanziert und vorbereitet sei, um verlorenes Terrain wieder zu gewinnen. Also auch in den USA der Kampf um die Macht der Kirche über den immer säkularer werdenden Staat! Die Stoßrichtung ziele besonders auch auf die verhasste UNO, die den USA die Vormachtstellung auf der Erde streitig macht.

14- 02- 2001

Bei der Durchsicht einiger Eintragungen entdecke ich Wiederholungen. Was soll ich machen? Ich brauche dies Tagebuch als Gesprächspartner. Was geht mich in meiner Zelle der Lauscher an der Wand an? Ich suche im Grunde ja nur für mich nach den Zusammenhängen unserer gegenwärtigen Kontroversen in der Gesellschaft mit ihren Ursachen in der Vergangenheit, weil ich davon überzeugt bin, dass alles seine Ursache hat. Es geht mir einfach gegen den Strich, wenn dieser Bush so unverhohlen und schamlos den Anfang seiner Machtübernahme mit seiner Zugehörigkeit zur Kirche unterstreicht: Ich bin ein gottgläubiger Mensch! Hört genau zu, ihr gottlosen Bösewichte! Was hat dieser Gott mit der Regierung eines Staates zu tun? Die Antike ist vorbei, in der sich die Herrscher als Götter verehren ließen und so ihre Macht mit diesem Gott, gleich einem Pfauenschwanz hinter sich, spreizen zu müssen meinten.
Gestern ist Scharon in Israel zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden. Er erhebt im Jahre 2001 n. Chr. den uneingeschränkten Anspruch auf Jerusalem und den Tempelberg im Namen Gottes. Die Geschichte hat den Juden diesen Besitz um 900 v. Chr. nur über die Zeit Davids und Salomos gewährt.
Seither steht diese Zusage nur in der Bibel und wird mit einer zähen Penetranz deswegen heute mehr denn je von den Anhängern dieses Gottes und seiner Zusage eingefordert. Was ist das für ein Gott, der sich so in den Köpfen der Menschheit festsetzt, dass sie auch den Weltuntergang für ihn in Kauf nehmen würden? Nun kommt aber noch hinzu, dass auch der Islam in Gestalt der Palästinenser unter Berufung auf den gleichen Gott die Stadt und den Tempelberg für sich in Anspruch nehmen. Wer will da Richter sein, wo dieser Gott selber offensichtlich nicht in Aktion treten will. Solch Verhalten könnte zu denken geben.

09- 02 – 2001

Das ist kein faires Spiel, die Menschheit mit einer Hypothese zu versklaven. Aber die dümmsten Kälber wählen sich ihre Metzger selber. Ist denn kein Kraut gewachsen, das dieser Hypothese in ihrer Lächerlichkeit den Garaus machen könnte? Der Urknall ist erkannt, die ersten Atombomben sind gefallen. Aber die Hypothese hat bisher alle Katastrophen überstanden. Oder nähern wir Menschen uns dem Augenblick, an dem wir erkennen, selbst diese Hypothese sein zu müssen, nächst der Sonne, der Gott dieser Erde?
Der Völkerbund zuvor und die UNO jetzt sind die ersten Zeichen dieser Erkenntnis. Aber die Großmächte, im Sicherheitsrat der UNO separiert, zerstören mit dem Vetorecht jedes einzelnen die Harmonie. Seitdem die Sowjets nicht mehr am Tisch sitzen, bedienen sich die USA am häufigsten dieser Bremse.

02 - 03 - 2001

Wir leben in der Panik neuer Tierseuchen. In England sind sie ausgebrochen: BSE u. MKS. Tausende von Rindern und Schafen werden gekeult. Die Tierfabriken und ihre Tiermehlhersteller heulen Rotz und Wasser. Der Landwirt (der „Kain“ der Bibel) fordert, wie immer als Ernährer, Schadensersatz durch den Staat. Werden die Betroffenen daraus lernen und wieder zu Betrieben zurückkehren, die in Sichtweite der Verbraucher liegen und den Transport von Zucht- und Schlachtvieh über weite Strecken unnötig machen? Europa ! Europa! quo vadis? Die Schweiz hat längst die Lust an diesem Luftschloss verloren.
In Afghanistan zerstören die Taliban buddhistische Kulturschätze im Namen des Bilderverbotes ihres islamischen Gottesstaates. Und die „Fliege“ versteht ihre Arbeit in der ARD als das Tun Jesu. Bei gleichzeitigen, stündlichen Fortschritten in der Erkenntnis der physischen, psychischen und materiellen Phänomene unseres Lebens entsteht ein neuer religiöser Ausflug ins Ungewisse. Das Ausufern unserer Erkenntnis verlangte bei uns Menschen von Anfang an eine Sinngebung des Geschehens. Die Hypothese von einem außerirdischen, allmächtigen und allwissenden Gott als Weltregenten hat bei den Eingeweihten ihre Überzeugungskraft verloren. Der Sonne musste man zugestehen, maßgeblich für das Leben zuständig zu sein. Den unermüdlichen Fortbestand dieses Lebens und seine Fähigkeit, sich immer neuen Verhältnissen anpassen zu können, nahm man zwar wahr und bestaunte ihn, aber am Ende selber als Mensch so beschaffen zu sein, den Fortbestand des Lebens den eigenen Händen überantwortet zu sehen, wollte man nicht wahrhaben, obwohl es bei jeder Geburt eines Kindes auf der Hand lag. So gesehen, ist der Fortbestand des Lebens der Sinn des Lebens. Bei uns Menschen ist der Punkt der Evolution erreicht, an dem wir Menschen, hier auf der Erde das brutale Naturgesetz des ewigen Wechsels vom überschäumenden Leben zum epochalen Sterben, zu einem bedachten, aller Brutalität abholden, Erlebnis machen könnten.

03 - 03 - 2001

Ich frage mich heute Morgen: Wie war denn das in der Vergangenheit mit dem Konkurrenzkampf der Mächtigen? Er verläuft ja immer nach der gleichen Regel: Gewalt erzeugt Gegengewalt. Es kommt zum Kampf, der erweisen soll, wer der Stärkere ist. Der Unterlegene wird nun danach trachten mehr Macht zu gewinnen, um eines Tages der Stärkere zu sein. Wie aber, wenn beide im Kampf ermatten und darum den Kampf aufgeben müssen, z.B. 1648 im Westfälischen Frieden? Dann müssen die Parteien einen modus vivendi finden, weil die angerichtete Verwüstung des Landes auch den Kampfgeist sterben lässt. Ähnlich verlaufen alle Konflikte, auch dann, wenn einer sich als Sieger versteht. Siehe die beiden letzten Weltkriege. Der modus vivendi bedeutet in jedem Fall, dass beide Gegner überleben. Dieses Ergebnis auf die Zukunft hochgerechnet würde bedeuten, dass der mörderische Machtkampf des Monotheismus gegen die Aufklärung eines Tages eine verwüstete Erde einbrächte, auf der der Mensch erstmalig ernsthaft nach einem modus vivendi des Menschen fragen könnte, in dem jede Form von Gewalt über Mitmenschen als potentieller Selbstmord gewertet würde. Ich muss der Klarheit wegen ergänzen, dass ich die Kulturen, die auf dem Boden der drei biblischen Religionen entstanden sind mit ihrem Anspruch auf das ganze Leben des Menschen, als monotheistische Diktaturen verstehe und die Aufklärung als ihren ärgsten Feind. Ob im Machtanspruch der Christenheit oder dem des Islam und dem der USA, immer steckt dahinter der Machtanspruch des Monotheismus: Einer muss so stark sein, dass er alle anderen zum Frieden zwingen kann. Ich hätte dem nichts entgegenzusetzen, wüsste ich nicht um das andere Verständnis von Gott und Mensch aus der Frühzeit Israels und dessen Wiederentdeckung durch den Jesus von Nazareth: Gott und Mensch, selbstbeherrscht, ohne den Willen zur Macht über andere Menschen und Feindbildern von ihnen.

04 - 03 - 2001

Jeder Zugriff auf die Selbstbestimmung eines Mitmenschen, mit „Zuckerbrot oder Peitsche“, müsste für den Täter als ein Stück Selbstmord verstanden werden.

05 - 03 - 2001

Portugal macht heute Schlagzeilen. Eine marode Brücke über den ? ist eingestürzt und hat unter anderem auch einen vollbesetzten Omnibus mit 70 Insassen in die Tiefe gerissen. Dazu hörte ich dann im DLF von dem Übermaß an Drogenabhängigen im ganzen Lande. Gehe ich zu weit, wenn ich darin die Flucht der Betroffenen aus einem Leben sehe, das ihnen keine Möglichkeit mehr gibt zu einem Neuanfang und das somit so etwas wie beginnender Selbstmord ist. Trotz Fernsehen, trotz Auto und allem, was an Unterhaltung und Spektakel dazwischen liegt, lastet auf der Menschheit eine latente Depression, die ihre Erlösung darin sucht, dass sie überall versucht in Grenzüberschreitungen ein Mehr an Erlebnissen zu gewinnen. Mit der sogen. Globalisierung ihrer Wahrnehmung durch das Internet hat sie sich ein neues Tor aufgemacht, von dem man noch nicht weiß, ob letzten Endes damit das Land der Seligen betreten ist. Die riesigen Gewinne dieser neuen Industrie erfahren im Augenblick schmerzliche Einbußen.

06 - 03 - 2001

Der Begriff „Gott“ und die damit verbundene Vorstellung einer verborgenen geistigen Weltherrschaft ist eine Hypothese, der Versuch eines Brückenbaus vom festen Ufer unserer Wahrnehmungen hinüber zu der Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Ganzen. Unsere Wahrnehmung erfährt im Diesseits eine bisher unaufhaltsame Evolution des Lebens von einzelligen Wesen zu vielzelligen. Dabei erkennen wir, dass in ihr eine unerschöpfliche Fähigkeit zur Anpassung an die Lebensumstände zu Lande, zu Wasser und in der Luft am Werke ist. Wir erfahren in einer unermesslichen und unermüdlichen Kraft des Lebens auch eine Intelligenz der Natur, deren Ursache uns noch ein Rätsel ist.

02 - 04 - 2001

Milosevic sitzt hinter Schloss und Riegel, vom eigenen Volk verhaftet, mit der Absicht, auch vom eigenen Volk gerichtet zu werden. Er soll zuletzt noch mit der Pistole herumgefuchtelt und mit Selbstmord gedroht haben. Aber dann war ihm das Leben lieber. Er ist und bleibt für die Serben ein Held. Sie haben ihn nur eingelocht, weil die USA eine Subvention in Millionen Höhe zu sperren drohten.
Ich bin am Ende. Mitten im Leben des 21. Jahrhunderts bin ich ein einsamer Mann. Mitten in der Geborgenheit eines schönen Hauses, einer normalen Ehe, eines gesicherten Einkommens, einer geordneten Versorgung, mit elektrischem Strom und Trinkwasser aus der Leitung, mit Radio und Fernsehen , bestem Schuhwerk und sauberer Kleidung, in Sonnenschein und Regen, im Sommer und im Winter bin ich ein einsamer, trauriger Mann. ...

04 - 04 - 2001

… Weil ich weiß, dass Sonne und Erde, wenn sie unsere fünf Sinne hätten, uns ansehen würde, fragend: Wisst ihr nach so langer Zeit immer noch nicht, dass die Evolution mit Euch ans Ziel gekommen ist, bei einem Wesen, dem nun die Fortsetzung in die eigenen Hände gelegt ist?
Die Zukunft hat schon immer uns gehört und wir haben sie neugierig und vorsichtig betreten, immer gewärtig im Unbekannten, potentiell Bodenlosen neuen Boden für unsere Füße zu finden. Wir haben ihn bis heute immer wieder gefunden, meist zunächst über Hypothesen, Versuchsbrücken ins Bodenlose, bis sich ihre Haltbarkeit erwies oder zerbrach. Eine dieser Hypothesen ist uns zum Verhängnis geworden: die Annahme einer ewigen, für alles verantwortlichen göttlichen Weltherrschaft.

05 - 04 - 2001

Über die ursprüngliche Wahrnehmung der Fortpflanzung des menschlichen Lebens, über ein Elternpaar in die Freiheit der Selbstbestimmung zu gelangen, hat sich - historisch nachweisbar - die dem animalischen Rudelinstinkt entnommene Praxis vom Herrschaftsanspruch des Stärkeren gelegt und ist mit ihr die Verbindung zur Patriarchie eingegangen und im Monotheismus dem menschlichen Zugriff auf ewig entzogen worden. Dieser Schritt ist in der Bibel historisch nachweisbar. Die Unvereinbarkeit der beiden Vorstellungen vom Zusammenleben der Menschen als Familie oder als Rudel kulminiert zu meiner Zeit in dem Verhältnis der USA zur UNO. In der UNO wird der Versuch gemacht, die Völker der Erde zu einem Familienrat zusammenzubringen. Gleichzeitig versuchen die USA die Übermacht auf der Erde zu werden. Darum besteht zwischen diesen beiden immer schon ein gespanntes Verhältnis.
Die Aufklärung hat längst dem Monotheismus den Schneid abgekauft, darum verbirgt sich gegenwärtig hinter seiner Gewalttätigkeit und seiner Arroganz die Angst vor seinem Ende.

07 - 04 - 2001

Im Weltsicherheitsrat, dem Gremium, in dem sich die stärksten Vertreter der Völkergemeinschaft in kleinerem Kreise innerhalb der UNO zusammengetan haben, herrscht das Prinzip der Gleichgewichtigkeit eines jeden Mitgliedes. Mittels des Vetos kann jedes Mitglied des Rates Beschlüsse verhindern, so dass im Grunde nur einstimmig Beschlossenes verwirklicht werden kann. Da kommt meine Vorstellung von einer Demharmonie zum Tragen. Das Veto ist der Terror in der Gemeinschaft derer, die guten Willens sind.

01.06.2001

Ich habe lange nichts mehr geschrieben. Eine Bronchitis hat mich für einige Wochen geistig und körperlich so geschwächt, dass mir zu jeder Tätigkeit die Kraft fehlte und ich am liebsten in irgendeiner warmen Ecke saß, einzuschlafen versuchte und meist auch einschlief. Das Weltgeschehen habe ich aber im Auge behalten und die offenen Wunden auf den Schlachtfeldern der sogenannten legalen Machthaber gegen die von ihnen als Terroristen bezeichneten Freiheitskämpfer blutenden Herzens verfolgt.
Zurzeit wird im Bundestag darüber nachgedacht, in wieweit man der Genforschung und der Genmanipulation freie Hand lassen darf? Stichwort: Die „Menschenwürde“. Dabei weiß keiner so genau, wie sich diese definiert. Die Kirchen sehen sie tabuisiert durch Genesis 1, der dort behaupteten „Gottebenbildlichkeit des Menschen“, von der bis heute in der gesamten Theologie noch keiner eine definitive Deutung hat. Diese Unsicherheit ist es, die hier die einen auf den Plan ruft, den Schutz der Geburt menschlichen Lebens vor Manipulationen so früh als möglich anzusetzen, während die anderen meinen, bis zu einem gewissen Grade sei der Menschheit gerade durch die Anwendung dieser neuen Erkenntnisse gedient. Mich quält das natürlich, wo ich doch die Definition der „Gottebenbildlichkeit des Menschen“ in der zweiten Schöpfungsgeschichte der Bibel selber gefunden habe und nachweise, dass dieser Jesus von Nazareth sie auch gefunden und gelebt hat. Selbstbeherrscht, ohne den Willen zur Macht über andere Menschen und ohne Feindbild von ihnen. Da stellt sich die Frage: Entspricht ein geklonter Mensch dieser „Gottebenbildlichkeit“ oder ist er ein Wesen minderer Qualität?
Wir sind nun einmal nach der Natur unserer Selbstbestimmung als letzter Instanz uns selber übergeben. Es gibt niemanden, der uns die Verantwortung für das, was wir tun abnimmt. Wir sind gewarnt und beraten. Aber im Bundestag tut man so, als gäbe es außerhalb des irdischen Lebens eine warnende Stimme, die uns verbiete, menschliches Leben anders als über die natürliche Zeugung hervor zu bringen.

03- 06 - 2001

Heute Morgen ist mir klar geworden, was die „Menschenwürde“ letztendlich ausmacht: Die Fähigkeit zu denken. Descartes hat es erkannt. In dieses Denken muss der Mensch von Kind auf an eingeübt werden. ‚coagere’ = ‚zusammenführen’, ‚folgern’, bei Descartes ‚zweifeln’ d.h. Unsicherheit gegenüber einem unbekannten Phänomen und der Versuch, es vergleichend mit bekannten Phänomenen zusammen zu führen, um so – denkend - den Wert desselben im Voraus zu ermitteln. Die Ursache für unsere Schrift ist unsere Sprache. Das ungelöste Phänomen: Wie war die Sprache festzuhalten? Und war es gut, sie festzuhalten? Wohin führte das? So manches schnell dahingesagte Wort richtete Unheil an und das auf Dauer, wenn es auch noch geschrieben und so für lange Zeit festgehalten wurde. Gewiss, die Schrift konnte zur Hilfe für den Umgang der Menschen miteinander werden. Sie konnte aber auch zu einer gefährlichen Waffe verkommen. Sollte man sie darum nicht lieber gar nicht erst in Gebrauch nehmen? Dennoch entschied man sich für die Schrift, indem man für die einzelnen Laute Schriftzeichen setzte und so das gesprochene Wort für Zeit und Ewigkeit festhielt, wohl wissend, damit helfend und heilend werkeln zu können, aber auch verletzend und zerstörend. Auf die Handhabung durch uns Menschen kam es an.
Unsere Politiker stehen zurzeit vor dem Phänomen der Entdeckung der menschlichen Gene und einer Manipulierbarkeit ihrer Ordnung durch uns Menschen. Diese könnte der Bekämpfung schwerer körperlicher und geistiger Schäden an der Gesundheit des Menschen dienen. Sie könnte aber auch dazu missbraucht werden Menschensorten fürs Leben zu bevorzugen und andere dafür davon auszuschließen. Darum sagen die einen „lieber nicht“, hieße das doch, uns Menschen göttliche Vollmacht anzumaßen. Dies ideologische Nein ist kein guter Berater, weil er dem Menschen das Denken erspart. Denkend steht er diesem Phänomen genau so gegenüber wie einstens dem der Schrift. Soll er oder soll er nicht? Wohl und Weh haftet nicht dem neuentdeckten Phänomen an, sondern alleine der Handhabung durch uns Menschen. Menschen zu klonen ist verlockend. Der ideologische Rückzug auf den Schutz des Lebens nach dem Willen Gottes ist für die Wissenschaft heute nicht mehr hinderlich, sondern jeder Einzelne von uns ist gefordert im Zusammenleben mit seinen Mitmenschen, die Instrumente, die Regeln , Rezepte und Fähigkeiten, die er in Händen hält, nicht als Waffe, sondern heilend, helfend, „guten Willens“ zu gebrauchen, auch die genmanipulierten Zellen. und die Fähigkeit Menschen zu klonen.

05 - 06 - 2001

Aber dazu fehlt unserer Kultur jede Voraussetzung. Sie baut auf die biblische Behauptung, dass der Mensch von Natur aus böse sei und sieht sich daher gezwungen, ihn von Anfang an in die Fesseln eines lückenlosen, vergöttlichten „du sollst!“ zu legen und ihn so seiner Selbstbestimmung und Verantwortlichkeit zu berauben. Hier liegt die Ursache dafür, dass die meist auch religiös gebundenen Konservativen im europäischen Kulturraum dazu neigen, wenn es darum geht ein Stück neue Freiheit zu betreten, meist mit Melvilles „Bartleby“ „lieber nicht“ entscheiden. So wird auch des Dichters Klageruf am Ende der Erzählung verständlich: „ O Bartleby! O Menschenlos!“

06 - 06 - 2001

Ich habe noch einmal dem „Denken“ etymologisch auf den Zahn gefühlt. Da wird es aus dem älteren „dünken“ abgeleitet.

07 - 06 - 2001

Heute habe ich auch noch das Theologische Wörterbuch zum Neuen Testament befragt. Unter „logitzomai“ fand ich dann den Bedeutungswandel des Wortes von Anfang an. „Im Profangriechischen sind zwei charakteristische Verwendungen festzustellen. Beiden ist gemeinsam, dass ein streng nach logischen Gesetzen verlaufender Denkakt gemeint ist: a) In der Handelssprache ist „logitzesthai“ ein terminus technicus für kaufmännisches Rechnen. b) In der klassischen Literatur wird logitzesthai als bedenken, schließen für das affektfreie Denken des Philosophen, der zu einer überpersönlichen Erkenntnis, d.h. hier aber: zu der rezeptiven Erfassung eines objektiv Vorliegenden gelangen will.“

08 - 06 - 2001

Die Koalition zwischen CDU und SPD in Berlin ist zerbrochen. Im Falle einer Neuwahl schließt die SPD eine Koalition mit der KPD nicht aus. In der Bundes-CDU beginnt der Kampf um den Kanzlerkandidaten für 2002 zwischen Frau Merkel und dem bayrischen Ministerpräsidenten Stoiber. Das Christliche dieser Partei tut nur noch seinen Dienst im Namen der Partei und wird auch vorläufig nicht davon entbunden. Das neue Lockmittel der CDU ist die Frau als Kanzlerkandidatin. Die CSU hält an ihrem konservativen Lockruf  fest.

13 - 06 - 2001

In Berlin ist die schwarz-rote Koalition unter Diepgen zerbrochen. Die Landesbank hatte unter den Augen der CDU einen Verlust von 6 Milliarden DM erwirtschaftet. Das gab der SPD die Gelegenheit, ihre Zusammenarbeit mit der CDU zu beenden. Am Samstag soll Diepgen mit den Stimmen der SPD, der Grünen und der PDS abgewählt werden. Ohne die PDS geht’s nicht. Darüber frohlockt nun wieder die CDU in der Hoffnung, dass schon bei der Abwahl auch die Front der Abwähler bröckelt, im Unbehagen darüber, dass sie mit der PDS gemeinsame Sache machen müsste. Auch bei einer späteren Neuwahl müsste mit der PDS als Mehrheitsbeschaffer gerechnet werden. Die CDU erweckt in der Bevölkerung noch immer dieses abscheuliche „Igitt“ gegenüber der PDS. Dabei vergisst sie, dass sie ihre kommunistische CDU in der DDR gleich nach der Wende sich und der CSU unbesehen einverleibte und die FDP flugs ihr folgte. Die beiden Parteien waren in der DDR geduldet. Warum wohl? Als Opposition? Wohl kaum. Als Feigenblatt. Dazu haben sie sich aber hergegeben. Wo blieb da nach der Wende bei ihren westlichen Namensbrüdern dieses „abscheuliche Igitt“?

23 - 06 - 2001

Aus der Zeitung: „Traurige Arbeiter machen weniger Fehler. Häufig genug beglückt uns die Psychologenzunft mit Erkenntnissen über uns und den Menschen an sich, die wir mit unserer gefestigten Lebenserfahrung längst schon wussten oder doch wenigstens erahnten. Aber manchmal eröffnen uns die Seelenforscher dann doch überraschende Einsichten. So haben Wissenschaftler der Universität Alberta in Kanada herausgefunden, dass traurige Arbeiter produktiver sind als glückliche.
Das Team um den Psychologen Robert Sinclair hatte die Arbeiter Leiterplatten anfertigen lassen. Die Beschäftigten, die sich als glücklich bezeichneten, stellten zwar die gleichen Stückzahlen her wie ihre traurigen Kollegen, berichtete jüngst die Ärztezeitung. Unterschiede gab es aber in der Qualität. Die traurigen Arbeiter machten nur halb so viel Fehler. Im Gegensatz zu ihren glücklichen Kollegen, so das Fazit der kanadischen Forscher, konzentrierten sie sich stärker auf die Arbeit, um ihre Probleme zu vergessen.
Also Chefs, aufgehorcht! Wenn Ihr Mitarbeiter wieder einmal ‚bedröppelt’ aus der Wäsche guckt - nicht unruhig werden, er macht gerade einen erstklassigen Job. In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, der tieftraurige Verfasser dieser Zeilen.

13 – 07 – 2001

Joachim hat es geschafft, meinen Essay über den historischen Jesus auf seiner homepage ins Internet zu bringen.

16 - 07 - 2001

Die Amerikaner haben in diesen Tagen den ersten Versuch mit ihrem Raketenabwehrsystem erfolgreich gestartet. Was wird die Folge sein? Entweder, die Konkurrenten um die Macht über die ganze Erde geben nun auf und denken: verreckt doch an eurer Angst vor uns, wir haben besseres zu tun als unser Geld in weitere Aufrüstung zu stecken, oder, sie versuchen gleichzuziehen um den „kalten Krieg“ fortzusetzen. Erreicht damit die Fähigkeit der Menschen zum kollektiven Selbstmord ihren Höhepunkt? Oder finden sich noch andere, perversere Mittel, sich gegenseitig das Leben sauer zu machen? …

04 – 08 - 2001

… Oder vermag die Erkenntnis, dass der Gedanke des Patriarchates im Monotheismus konsequent in eine globale Katastrophe führt, die Menschheit noch zur Besinnung zu bringen? Sie dazu bewegen können, den auch immer vorhandenen humanen Ansätzen im Umgang mit Menschen mehr und mehr Gewicht zu geben?

05 - 08 - 2001

Aus einem Interview mit Michael Gorbatschow: Die Frage lautete: „Glauben Sie an Gott?! Die Antwort: „Es ist so schwer für mich, darauf zu antworten. Aber ich weiß, dass wir in einem Kosmos leben - und dass wir alle Kinder derselben Sonne sind.“ Da ist das Wissen in unserer Welt, das im Grunde der Menschen erste und letzte Weisheit ist. Selbst in den biblischen Schöpfungsgeschichten steckt diese Weisheit hinter dem ersten Schöpfungsakt: „Es werde Licht“! Dass dieses allem Leben dienende Licht für diese Erde alleine die Sonne war, konnte man damals noch nicht wissen, weil der Augenschein, die Erde sich für das Beständige erwies, die Sonne hingegen kam und ging und dennoch gab es Licht.
Dieses Zitat Gorbatschows kam mir gerade recht, als ich über die Rolle des Geldes in unserem Leben nachdachte. Veranlasst war das durch den Versuch des Präsidenten der USA, Bush, einen Teil des großen Naturschutzgebietes Alaskas der Ölmafia für Bohrungen freizugeben. Erst jetzt ist mir aufgegangen, dass auch in den USA hinter den Konservativen konfessionelle Kräfte stecken, katholische wie protestantische. Sie reden von Gott als dem Weltregenten und treiben Politik in seinem Namen. Aber bei genauerem Hinsehen sind sie leidenschaftlich getrieben vom Willen zur Macht und die hat das Geld. „Geld regiert die Welt“ das ist die andere Wahrheit. Welche der beiden Wahrheiten ist die bessere? Die Sonne hat uns Menschen gegenüber zwei Gesichter, ein freundliches, dem Leben dienliches Gesicht und ein feindliches, das Leben zerstörende. Bei der Macht und dem Gelde finden sich die gleichen Phänomene. So liegt es also letztlich bei uns Menschen, uns der Segnungen dieser Mächte zu bedienen und uns vor ihrer Zerstörungskraft zu schützen, so gut es geht. Beides hat die Menschheit im Blick auf die Sonne von Anfang an getan, wie die Tiere es ja auch getan haben und noch tun. Der Umgang mit der Macht als einer der Natur innewohnenden Fähigkeit vollzog sich bei den Tieren entsprechend der Tätigkeit der Sonne als Segen und als Bedrohung. Als Segen in Gestalt des Leithengstes, der als stärkstes und klügstes Mitglied des Rudels die Führung und den Zusammenhalt gegen die Gefahren von außen sicherte und als Bedrohung gegen den inneren Zerfall des Rudels.
Die frühisraelitischen Weisen haben den Versuch unternommen diesem Vorbild für die Menschheit die bedrohliche Seite zu nehmen und sie im Zusammenleben als Familie vor dem Macht- und Gewaltmissbrauch zu bewahren und die Freiheit, die Selbstbestimmung und Verantwortlichkeit jedes einzelnen zu erhalten.

06- 08 – 2001

Dieser Gedanke hat auch in der Lebensauffassung Jesu mitgespielt, das beweist der Versuch der frühen Christen im Verzicht auf Privatbesitz als Familie zu leben (Apostelgeschichte 4.32 ff.). Die Fortsetzung dieser Initiative findet sich dann im Mönchtum, scheinbar ganz dem Jesus nachgedacht als Vereinigung unverheirateter Männer zu einem ganz dem Gottesdienst geweihten Leben. War das aber Jesu Absicht gewesen? Wollte er den vom weltlichen Leben isolierten, absoluten Gottesdienst? Wollte er nicht vielmehr gerade das Gegenteil, die Beseitigung der Isolierung von Menschen? Die Menschheit als eine heile Familie war seine Initiative, in der der Umgang miteinander von der Liebe bestimmt war und sich darum an der Liebe jedes einzelnen zu sich selber messen lassen musste. Liebe verstanden als Selbstbeherrschung im Verzicht auf Machtgewinn über Mitmenschen und auf Feindbildern von ihnen. Das Problem von Ehe mit Kindern war für ihn darin eingeschlossen und darum für seine Lehre und für ihn selber auch nicht einer besonderen Aufmerksamkeit bedürftig.

20- 08 - 2001

Ich denke darüber nach, warum der Erzähler von Genesis 3 als Folge des Griffs nach der Frucht des Baumes der „Erkenntnis von Gut und Böse“ feststellt: „Da wurden ihre Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürzen“. Das ist für den Erzähler das Ergebnis dieses menschlichen Willens zur Macht, der der Verlockung erlegen ist: (Die Drohung mit dem Tode und die dann folgende Strafe gehören schon in die „herrschaftliche“ Überarbeitung des Textes.) Die Gottebenbildlichkeit ist verloren und übriggeblieben ist das nackte Menschsein, das sich sogar seiner Fortpflanzungsorgane schämt. Obendrein ergibt sich aus dem folgenden Gespräch, dass diese Menschen alle Verantwortung dafür ihrem Schöpfer anlasten und sich selber für das Geschehen als nicht verantwortlich erklären.

04 - 09 - 2001

Ich brauche dieses Tagebuch. Ist es doch der Ort, wo ich meinen Gedanken freien Lauf lassen und so auch eine Aufgabe habe, an der ich täglich arbeiten kann. Die Amerikaner und Israel haben die Konferenz gegen den Rassismus in Durban verlassen aus Protest gegen die Mehrheit der Versammelten, die Israels Kampf mit den Palästinensern als Rassismus verurteilt haben wollten. Die Fronten für eine bevorstehende Auseinandersetzung zeichnen sich immer deutlicher ab. Unter der momentanen Übermacht der USA regt sich im Islam der Widerstand. Saddam Hussein im Irak und Gaddafi in Libyen sind es nicht mehr alleine. In Afghanistan formiert sich unter den Taliban ein neuer Gottesstaat strengster Observanz. Auch in Ägypten wird der Druck des fundamentalistischen Islams auf Mubarak immer stärker. Gleichzeitig bereitet sich auch der Kommunismus Chinas auf die Konfrontation mit den USA vor. Was sich da anbahnt ist ein Krieg mit Raketen. Die USA haben das längst begriffen und richten sich darum auf deren Abwehr ein. Ihre Sprengköpfe werden nicht nur Atombomben enthalten, sonder auch Bakterien und Gifte, die das Leben, wo immer sie detonieren, in weitem Umkreis zerstören. In Gottes Namen sowohl seitens des Islams, aber auch der USA mit ihrem Präsidenten Bush.
Gestern befasste sich die „Fliege“ mit Jesus. Außer Drewermann und Franz Alt war der Verfasser eines neuen Jesus-Buches in der Runde. Das Gespräch drehte sich um die Frage, ob dieser Jesus auch heute noch etwas für die Menschheit bedeute? Sie wurde voll bejaht, kaum noch unter Berufung auf den Christus. Viel- mehr auf den Menschen Jesus von Nazareth, ihn aber mit dem der vier Evangelien identifizierend. So wurde die Bergpredigt unbesehen ihm zugeschrieben, auch die Heilungen und anderen Wunder. Er wurde neben Mahatma Gandhi gestellt. Vom Auferstandenen war nicht die Rede. Der Christus der Kirchen kam gar nicht vor in diesem leidenschaftlichen Gespräch. So also sieht ihn unsere Zeit, gänzlich unberührt von den umfangreichen Forschungsergebnissen der nachreformatorischen Zeit die biblischen Urkunden betreffend, beraubt ihn einfach seiner Gottheit, sie der allgemeinen Aufklärung opfernd, auf hoher geistiger Ebene naiv.

05 - 09 – 2001

Die Tochter von Johannes Rau muss sich in der Schule geäußert haben, dass ihr dies penetrante Erinnern an den zweiten Weltkrieg und den Holocaust zuwider sei. Der Abwurf der Atombombe sei doch auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. So ähnlich muss sie sich geäußert haben. Die DVU in Hamburg hat diese Äußerung gleich auf ihre Wahlplakate gesetzt. Auch mir scheint diese unermüdliche Erinnerung, dieser ständig aufgehobene Finger, nicht das geeignete Mittel, die Menschen von einer Wiederholung dieses Vorgangs abzuhalten. Das beweist dieser „Richter Gnadenlos“ in Hamburg, der nun eine eigene Partei gegründet hat, eigenst mit dem Ziel, die Rechtsprechung in Deutschland härter zu handhaben. Der Naive meint offenbar, wie so viele, mit der Härte der Strafe das Böse eindämmen oder gar ausrotten zu können. Die Taliban in Afghanistan führen das derzeit mit Höchststrafen vor. Hitlers „Endlösung“ beruhte auf der gleichen Naivität. Wie kommt es aber zu dieser Naivität? Wir Menschen erfahren in unserem Leben Hilfreiches und Hinderliches. Das Hinderliche stellt sich unserer Selbstbestimmung in den Weg und scheint uns zwingen zu wollen, entweder innezuhalten auf unserem Weg oder es mit Gewalt zu beseitigen. Das Hinderliche könnte aber auch, soweit es sich dabei um Menschen handelt, auf dem Wege der Verständigung ausgeräumt werden. Das hat die Friedensforschung inzwischen begriffen. Aber das naive Allgemeinbewusstsein in einer Welt, die beherrscht ist vom Willen zur Macht, vermag das nicht mehr zu übernehmen. So bleibt es bei den Feindbildern zwischen Juden und Palästinensern, zwischen Katholiken und Protestanten in Irland, zwischen Bürgern und Straffälligen und bei dem Ausrotten! Ausrotten! Ausrotten!

06 - 09 - 2001

Der Nationalismus und der Konfessionalismus haben die Intoleranz gemeinsam. Darum sehe ich in ihnen Geschwister und finde mich bestätigt durch alle derzeitigen Brandherde auf dieser Erde, in Irland, auf dem Balkan, im nahen Osten, u.s.w. bis hin zum Willen der Übermacht über die Erde der USA, nach dem naiven Motto: Einer muss sich so stark machen, dass er alle anderen zum Frieden zwingen kann. Das alles ist letztlich aus der Angst geboren, im Chor der Machthungrigen seine Identität zu verlieren. Nicht das Geld beherrscht unseren Globus, sondern in und mit dem Gelde diese Angst im Konkurrenzkampf um die Macht auf unserer Erde ins Hintertreffen zu geraten. In der Wirtschaft und in der Politik wird - wie im Sport - schon lange gedopt. Spenden- und Schmiergeldaffären sind an der Tagesordnung. Abfindung von Managern und Vorstandsmitgliedern großer Konzerne mit Millionenbeträgen lassen den kleinen Mann verständnislos den Kopf schütteln. Er selber wird damit gedopt, dass es ihm immer leichter gemacht wird Ware, selbst teuerste Ware, zu kaufen, indem es ihm wie ein Entgegenkommen dargestellt wird, sich auf lange Zeit zu verschulden.

07 - 09 - 2001

Es ist ein Jammer: Diese Zerstörungswut unserer Politiker. Da ist die Schmiergeldaffäre in der CDU. Die hält die SPD auf der Flamme. Im Gegenzug hält die CDU den Verteidigungsminister Scharping und seine Flüge mit der Bundeswehr auf dem Feuer. Was ist das für eine Politik?
Da will doch einer von den anderen vor der Öffentlichkeit ein moralisches Feindbild aufbauen, immer mit der Naivität der Wähler rechnend. Einer will den anderen schlecht machen. Wo führt das hin? Ich möchte am liebsten nicht mehr zur Wahl gehen, denn nur so könnte ich meinen Ekel vor dieser regellosen Verbalprügelei wirksam zum Ausdruck bringen. Aber dann überließe ich das Feld ganz und gar der nationalen und konfessionellen machtlüsternen Skrupellosigkeit. So bleibt mir nur noch die SPD, die weder nationaler noch konfessioneller Infamie verhaftet ist und meiner Selbstbestimmung den weitesten Raum lässt. Sie ist dem Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!“, dem Sozialen verhaftet, so dass ihre Skrupellosigkeit und ihre Infamie immer nur Reaktion auf die der anderen, separatistischen Parteien ist, für die diese Instrumente notwendig sind im Kampf um die Macht. Es herrscht ja Krieg. Es gilt das Feindbild des Ketzers und Häretikers bzw. das des Vaterlandsverräters und Nestbeschmutzers in Gestalt der SPD und PDS der Bevölkerung einzuprägen und zu erhalten. Im Privatleben würde man so etwas als Denunziation bezeichnen, die in Diktaturen ihren Dienst tut. Extra ecclesiam nulla salus.

08 – 09 - 2001

Nun baut sich bei uns eine dritte Konfession auf: Der Islam, nicht minder arrogant als seine Geschwister. In Afghanistan wird gerade in diesen Tagen an Entwicklungshelfern ein Exempel statuiert. Sie sind angeklagt, trotz Verbotes christlich missioniert zu haben. Ihnen droht die Todesstrafe. Extra ecclesiam nulla salus. Was werden unsere Kirchen dazu sagen, wenn nun der Islam bei uns missioniert? Er tut es schon in den unvermeidlichen Mischehen zwischen Deutschen und Türken, in denen die türkischen Familien auf eine islamische Eheschließung drängen. Noch habe ich keine offizielle Verlautbarung der Kirchen darüber gehört.
Aber die Fremdenfeindlichkeit ist im nationalistischen Blut unserer Bürger. So regt sich in der Bevölkerung allenthalben der Widerwille gegen dieses Vordringen des Islam bei uns. Werden die Kirchen erkennen, dass sich mit ihm eine weitere Ausprägung des Gottesstaates zugesellt oder werden sie ihn als Konkurrenten verstehen und abweisen? Hier wird übrigens auch wieder das Bündnis von Nationalem und Konfessionellem erkennbar mit ihrem, die Gesellschaft spaltenden, separatistischen Gift.

10 - 09 - 2001

Ich frage mich heute Morgen: Bin ich in meiner Einstellung zum Nationalen und Konfessionellen als den Separatisten einem Feindbild verfallen? Was ist der Unterschied zwischen einem Feindbild und einem Feind? Ein Feindbild ist meine Projektion von Minderwertigkeit, Bosheit und Ketzerei auf Menschen oder Menschengruppen. „Extra ecclesiam nulla salus“ ist eine solche Projektion der Kirchen auf alles, was nicht getauft ist. Dasselbe gilt vom Nationalismus mit seiner Berufung auf die „nationale Identität“ - Mein Feind ist einer, der nicht mehr mit sich reden lässt und von mir strikten Glauben und , was dasselbe ist, Gehorsam verlangt, eben der, der so redet wie die Kirchen und die nationalen Fetischisten. Also kann ich mich beruhigen: Meine Feinde sind tatsächliche Feinde und keine Feindbilder. 

11 - 09 - 2001

Es gibt auf unserer Erde keinen Satz, der mehr vergossenes Blut zu verantworten hat als der: „Extra ecclesiam nulla salus“. Er besagt bis heute, dass getaufte Menschen besser daran sind, als ungetaufte. Diese Stigmatisierung erzeugt ein Feindbild von denen da draußen und sie hat maßgeblich den Unfrieden in die Welt gebracht. Auch hier ist der tierische Rudelinstinkt beim Menschen noch immer vorhanden. Darum sind sie so verwandt, die Kirchen und der Nationalismus.