Reutlinger General-Anzeiger
Damit anderen geholfen ist
Kunst von Luitgard Schall
zugunsten Muskelkranker versteigert
Münsingen / St. Johann
".(zz) Hier sei nicht das Lebenswerk einer Künstlerin verramscht
worden.
Sondern vielen Menschen etwas gegeben. So wollen Friederike Goller, die
Stifterin, und Joachim Wilhelmy, der Versteigerer, die Kunstauktion in
der Münsinger
Zehntscheuer verstanden wissen, die am Sonntag, der gemeinnützigen
Deutschen
Gesellschaft für Muskelkranke mehr als 65000 Mark eingebracht hat.
Es waren die Bilder, die Keramik und die
Plastiken
von Luitgard Schall, die 1990 mit 62 Jahren muskelkrank, gelähmt
gestorben ist,
162 Objekte, der Großteil Ölbilder und Aquarelle, die bis zur
Ausstellung zwei
Wochen vor der Versteigerung kaum jemand gesehen hatte. Die Frau des
Malers
Lothar Schall, der im April dieses Jahres 72jährig starb, hatte ihre
Arbeit
hinter die ihres Mannes gestellt. Sie hatten sich an der Stuttgarter
Akademie
kennengelernt, wo die Ludwigsburgerin Luitgart Bauhaus studierte und
er, der
viel später erst seinen steilen Höhenflug als Meister der Farbe
startete,
seine Farben verkauft hatte ‑ jene Farben, deren Abnehmer auch Otto
Dix
war. 1954 hatten sie geheiratet, knapp zwanzig Jahre später waren sie
nach
Gächingen ins neue Atelierhaus gezogen.
Dort hatte auch Luitgard Schall
weitergearbeitet.
Solang es ihre Kräfte zuließen, die von der schlimmen Krankheit
aufgezehrt
wurden. Was sie geschaffen hat in den fünfziger, sechziger Jahren,
siebziger
Jahren, kam nach dem Tod ihres Mannes erst ans Licht. Joachim
Wilhelmy: Unter
einer Staubschicht die Ölbilder. Zusammengerollt in Zeitungsblätter vom
Februar
1973 die Aquarelle. Luitgard Schall hat ihre Bilder nie gezeigt.
Jetzt haben viele Menschen etwas davon.
Die einen,
die Kunst erworben haben, die anderen, denen geholfen wird mit dem
Erlös. Der
niedrigste Ansatz, fünfzig Mark für eine Kachel aus weißem Ton, ist auf
zehn
Mark mehr gesteigert worden. Das teuerste Bild, Sonnenblumen, Öl auf
Rupfen,
wechselte für dreitausend Mark von Friederike Goller, die von der Erbin
Lothar
Schalls die Arbeiten geschenkt bekommen hatte, in Münsinger Besitz.