Alb Bote
"Mensch, der
sein Licht unter den
Scheffel stellte"
Luitgard
Schall erfährt in Münsingen eine
späte Würdigung
Von
unserer Mitarbeiterin Christina Hölz
MÜNSINGEN.
"Sie war ein Mensch, der sein Licht
unter den Scheffel stellte, damit das Licht anderer umso heller
leuchtete." Joachim Wilhelmy über Luitgard Schall, Künstlerin und
Künstler‑Ehefrau.
Ihr Leben lang stand ihre Arbeit im Schatten ihres Mannes, des in
Gächingen
lebenden Malers Lothar Schall. Sechs Jahre nach ihrem Tod findet das
Werk Luitgard
Schalls nun eine späte Würdigung in Münsingen. Friederike Goller, eine
Freundin
der in Ludwigsburg geborenen Künstlerin, stellte Ölbilder und Aquarelle
aus
deren Nachlaß für eine Ausstellung zur Verfügung. Zwei Wochen können
die
Exponate im Theater in der Zehntscheuer besichtigt und am 24. November
sogar
erworben werden: Ein Teil der Bilder wird zugunsten der Gesellschaft
für
Muskelkranke versteigert.
Wer war
Luitgard Schall? Einige unter den rund 100 Vernissage-Besuchern
am Sonntag morgen brauchten sich diese Frage nicht zu stellen. Sie
waren
Freunde und Bekannte des verstorbenen Ehepaares Schall. Für alle
anderen
skizzierte Joachim Wilhelmy, Lehrer am Münsinger Gymnasium und nach
eigenem
Bekunden einst Mädchen für alles im Hause der Familie Schall in
Gächingen, eine
Biographie des Menschen und der Künstlerin.
Wilhelmy,
der Lothar Schalls Bilder rahmte und restaurierte, lernte
Luitgard Schall kennen "als eine Frau, die alles tat, um den Betrieb in
Gang und Lothar den Rücken frei zu halten ‑ für seine Kunst". Daß
sie selbst Künstlerin war, erfuhr der Pädagoge über Umwege. Als er
später
intensivere Gespräche mit der an einer Muskelschwäche-Krankheit
leidenden Künstlerin
führte, ergaben sich intensivere Kontakte. Wilhelmy: "In den Gesprächen
ging es nicht nur um den Meister, sondern auch um ihre Beziehung zu ihm
und
ihre existentiellen Probleme. "Eine starke und zugleich gebrechliche
Frau" sah Wilhelmy da hinter der Verstorbenen: "Sie war ein Mensch,
der sein Licht unter den Scheffel stellte, damit das Licht anderer umso
heller
leuchtete."
Dabei
enthüllte der Redner wenn auch nur bruchstückhaft durchaus Fakten
über die Künstlerin Luitgard Schall. 1928 in Ludwigsburg geboren,
studierte
sie an der Akademie in Stuttgart Bilderhauerei. Ob es Ausstellungen
oder
öffentliche Aufträge gab, ist nicht bekannt, dagegen wußte der
Gymnasiallehrer
zu berichten, daß schon in der Ludwigsburger Schule der Künstlerin ein
von ihr
entworfener Brunnen stand.
Ölbilder
und Aquarelle, die meisten aus den späten 50er und 60er Jahren,
einige auch aus den 80er Jahren, sind derzeit in der Zehntscheuer zu
sehen.
Expressive, überwiegend in warmes Rot gehaltene Bilder hängen dort,
dann wieder
Aquarelle, die sich für Joachim Wilhemy durch ihre "intensive
Farbgebung
und zarte Nuancierung auszeichnen". Und immer wieder Blumenbilder.
Blumen
seien das Hauthema der Künstlerin gewesen, die in ihrer Jugend
Gartenbauarchitektin werden wollte.
Ohne
Titel, in Zeitungspapier verpackt, müssen die Werke in der Gächinger
Wohnung gelagert haben, bis die Erben Lothar und Luitgard Schalls
deren
Nachlaß regelten. Christel Danzer vermachte das Werk an Friederike
Goller,
eine enge Freundin der Künstlerin. Und sie will die Werke nicht nur der
Öffentlichkeit zukommen lassen, sondern auch die Organisation
bedenken,
"der Luitgard Schall viel Ermutigung während ihrer Krankheit
verdankte". Der Erlös der Versteigerung, die am 24. November im Theater
der Zehntscheuer über die Bühne geht, kommt der Deutschen Gesellschaft
für
Muskelkranke zugute.