Einführender Text von Frau Dr. Fix (Leiterin
des Städtischen Museums in Ludwigsburg)
anlässlich der Eröffnung der Ausstellung in
Ludwigsburg 1999:
Walter Gutbrod oder
jeder sieht etwas anderes
Sein
Blick auf Menschen und Dinge war ein besonderer: scharf und schnell
beobachtend, direkt, nie beschönigend, unbestechlich genau. Sein
Gespür für
Farben war unfehlbar. Sie sind von großer Intensität,
Leuchtkraft und
emotionaler Wirkung.
Seine
Malerei ist extrem in ihren Gegensätzen: aggressive
Fratzen-Köpfe, sich stark überschneidend,
expressiv, von wilder Farbigkeit. Daneben pastellfarbene
Landschafts-Impressionen, weiche Linien, leise Töne. Es gibt
Blumenbilder wie
im Farbenrausch und es gibt Naturschilderungen, die die Hitze des
Sommers und
die Kälte des Winters spüren lassen.
All
das ist in einer eigenwilligen Technik ausgeführt: Schon
während seiner
Akademie-Zeit malte Walter Gutbrod auf Pergamentpapier. Es ist
faszinierend wie
er dieses transparente, spröde Material mit z.T. dickem, z.T.
stark verdünntem
Öl bearbeitet. Das musste schnell gehen, war kaum zu
korrigieren und
kam seiner Ungeduld entgegen. In seiner
Malerei spiegelt sich die Persönlichkeit Walter Gutbrods wider:
eigenwillig,
voller Vitalität und voller Gegensätze. Fast 50 Jahre lang
war er
Kunsterzieher. Mit manchmal ungewöhnlichen Methoden hat er
Generationen von
Schülern den Zugang zu Kunst und Musik geöffnet. Er setzte
hohe Maßstäbe und er
war - als Mensch, als Lehrer und als
Künstler - erfrischend unkonventionell.
Bis
kurz vor seinem Tod hat Walter Gutbrod gemalt,
skizziert, Eindrücke festgehalten. Seine
Skizzenbücher haben ihn
überall begleitet. Blind hat er skizziert, und erst später zu
Hause, aus der
Erinnerung heraus, entstanden seine unzähligen Bilder.
Stilistische
Vergleiche gäbe es viele. Wir finden Blickwinkel wie bei
Cézanne,
die
Farbintensität von Kandinsky, die Fratzen-Gesichter von Nolde. Die
Flüchtigkeit
des Augenblicks festzuhalten, das verbindet ihn mit den
Expressionisten. Und
doch ist alles auch ganz anders, denn: jeder sieht etwas anderes!
Kurz
vor seinem Tod schenkte Walter Gutbrod dem Museum über 50 Bilder
aus seinem
umfangreichen Werk. Eine Auswahl davon, die seine letzten 35
Schaffensjahre
dokumentiert, ist hier in memoriam ausgestellt. |